The texts reproduced below are contained in my two books, ‘Mein seel fang an zu singen’. Religiöse Frauenlieder des 15.-16. Jahrhunderts (2002), and Deutsche Frauenlieder des fünfzehnten und sechzehnten Jahrhunderts (1999). I have recorded a selection from both anthologies for the Chaucer Studio, which can be purchased as as a CD-ROM or online now at the Chaucer Studio website (May 12, 2011)

German Religious Women’s Songs

 

Elisabeth Crucigerin:

1. Herr Christ, der eynig Gotts Sohn,
vaters yn ewigkeyt,
Aus seim hertzen entsprossen,
gleich wie geschryben steht,
Er ist der morgen sterne,
seyn glentze streckt er ferne
fur andern sternen klar:

2. Fur uns ein me(n)sch gebore(n)
im letzte(n) teil der zeyt,
Der mutter vnuerlore(n)
yhr yu(n)gfrewlich keuscheyt,
Den tod fur uns zu broche(n),
de(n) hymel aufgeschlossen,
das leben wider bracht:

3. Lass vns yn deiner liebe
vnd kentnis neme(n) zu,
Das wir am glawen bleibe(n)
vnd dienen ym geyst so,
Das wir hie mugen schmecken
deyn sussickeyt im hertzen
vund dursten stet nach dir.

4. Du Schepffer aller dinge,
du vetterliche krafft,
Regirst von end zu ende
krefftig aus eigen macht:
Das hert vns zu dir wende
vnd ker ab unser synne,
das sye nicht yrrn von dir.

5. Ertdt vns durch deyn gute,
erweck vns durch deyn gnadt.
Den alten menschen krencke,
das der new leben mag,
Wol hie auff dyser erden
den syn(n) und all begerden
vnd dancken han zu dir.

Maria of Hungary

Ein ander geistlick Ledt

1.  MAg ich Unglück nicht widerstan,
 Muß Ungnad han
Der Welt für mein recht Gleuben,
So weiß ich doch, es ist mein Kunst
Gotts Huld und Gunst;
Die muß man mir erlauben.
Gott ist nicht weit;
Ein kleine Zeit
Er sich verbirgt
Bis er erwürgt
Die mich seins Worts berauben.

2. RIcht, wie ich wöll, jetzund mein Sach,
Weil ich bin schwach
Und Gott mich Furcht läßt finden,
So weiß ich, daß kein Gewalt bleibt fest;
Ists allerbest
Das Zeitlich muß verschwinden.
Das ewig Gut
Macht rechten Muth;
Dabei ich bleib,
Wag Gut und Leib;
Gott helf mir überwinden.

3. All Ding ein Weil, ein Sprüchwort ist.
Herr Jesu Christ,
Du wirst mir stehn zur Seiten,
Und sehen auf das Unglück mein,
Als wär es dein,
Wenns wider mich wird streiten.
Muß ich denn dran
Auf dieser Bahn,
Welt, wie du willt.
Gott ist mein Schild;
Der wird mich wol beleiten. Amen.

Agnes, Duchess of Saxony

1. ACh Gott, an einem morgen
sah ich im trawm ein Bahr:
Gros leid thet ich besorgen,
das ist mir worden wahr:
Nu bringt man her mein Herre(n) todt,
in vnsern besten jahren,
es macht gros klag vnd noth.

2. Herr Gott, er hat getragen
offt grosse mhe vnd fahr,
Zog in sein jungen tagen
den Feinden nach, so gar
In grossem ernst greiff er sie an,
damit Teutschland befriedet,
es furcht jn jederman.

3. Zuletzt im Teutschen lande
der Marckgraff richtet an
Gros noth mit mord vn(d) brande:
mein Herr nam sich des an,
Zog aus mit seiner La(n)tschafft gut,
erlegt mit ernst die Feinde:
ach Gott, das kost sein blut!

4. So bringt der Sieg viel trawren
mir vnd meim lieben Kind!
Ach was helffen groß Mawren,
weil wir verwaiset sind!
So ich betracht sein lieb vnd todt,
ey, weil ich hab das leben,
nu mus ichs klagen Gott!

5. Chur vnd mein eigen leben
vnd alles land damit
Fur jn het ich gegeben!
ach, wünschen hilffet nit:
So sol nu Got mein vormund sein,
thu mich jm gantz beuehlen,
in Gott traw ich allein.

Annelein of Freiburg

O Gott, bewar mein hertz vnd mund

In the melody of: “In dich hab ich gehoffet, Herr”

1. EWiger Vatter von Himmelreich,
ich ruff zu dir gar inniglich,
laß mich von dir nicht wenden.
Erhalt mich in der warheit dein
biß an mein letztes ende!

2. O Gott, bewar mein hertz vnd mund!
her, wach ob mir zu aller stund,
laß mich von dir nicht scheyden,
Es sey durch trbsal, angst vnd not,
erhalt mich rein in freuden!

3. Ewiger Herr vnd vatter mein,
ich arm vnwirdigs Kindelein,
thu mich weisen vnd lehren,
Daß ich acht hab deins stegs vnd wegs,
darnach steht mein begeren.

4. Zu wandlen durch dein krafft in todt,
durch trbsal, Marter, angst vnd not:
darinn thu mich erhalten,
Daß ich von deiner lieb, O Gott,
nimmermehr werd gespalten.

5. Es reysen vil auff diser Bahn,
so steht der Kelch deß leidens dran,
vnd auch vil falscher lehre,
Ob man vns auch mögt wenden ab
von Christo vnserm Herren.

6. Zu dir erheb ich, Herr, mein Seel,
auff dich hoff ich in vngefell,
laß mich geschendt nicht werden,
Daß sich mein feind nicht über mich
erheb auff diser erden.

7. Bey jhn lig ich verschlossen ein:
ich wart, O Gott, von hertzen dein
mit sehr grossem verlangen,
Wenn du ein mal wolt wachen auff
vnd lsen dein gefangnen.

8. O Gott Vatter, zu deinem reich
mach vns den fünf Jungfrawen gleich
die fein vorsichtig waren,
Auff den Breutgam zu warten schon
mit seinr ausserwelten schare.

9. Ewiger König von Himmelreich,
speise vnd trenck vns ewiglich
mit deiner warheit speise,
Die da nimmer verderben thut,
alls nach geistlicher weise.

10. Wo du dein speiß entzeugst von vns,
so ists verloren vnd vmb sunst,
ohn dich wir nichts vorbringen:
Durch dein gnad hoffen wir auff dich,
es wirt vns nicht mißlingen.

11. An Gottes macht zweifelt mir nicht,
warhafftig sind seine gericht,
er wirt der keins verlassen
Das fest im Glauben bestendig ist
vnd bleibt auff rechter strassen.

12. Seid getrost, jhr Christen, vnd erfrewt
durch Jesum Christum alle zeit,
der geb vns lieb vnd glauben.
Gott trst vns durch sein heiligs wort,
darauff sollen wir trawen.

13. Ich befehl mich Gott vnd seiner gmein,
er woll heut mein geleythman seyn
von wegen seines Namen:
Das wollst erstatten, Vatter mein,
durch Jesum Christum. Amen.

Elisabeth, Duchess of Brunswick-Calenberg

No. 2: Ein Gebet um Hilfe (Freitag nach Michaelis 1554)

1. Ach gott mein herre sich darein,
Vnnd laß dich das erbarmenn,
Wie wenng seint der gleubigenn dein,
Verlassen bin ich armer
Dein wortt sie nicht nehmen war,
Der gaub ist auch verloschen gar,
Bei sollichem gotlosenn gesinde,

2. Ach gott mein herr sie meinen nit,
Dein ehr vnnd wortt zu fürdernn,
Es ist nur gleisnerei mit Ine
Dein wortt sie meinen zu uertilgenn,
Darumb wollest sie ausrottenn gar,
Das dein ehr vnnd wort nur pleibe war,
Das hassen sie warlich vonn hertzenn,

3. Ach gott mein herr wie hat sich verkertt,
Aller gehorsamb auf erdenn,
Trew, lieb vnnd warheit geltenn nicht,
Mer auf dieser erdenn,
Es hat das gotloss genommen vber hanndt,
Das claget manniger frommer Man,
Vnnd kan es doch nicht wehrenn,

4. Ach gott mein herr sie sprechen recht,
Trotz wer will es vnns wehrenn,
Wir haben Itzt macht vnnd recht allein,
Sie konnen vnns nicht wehrenn,
Was wir thun das gelt gemein,
Dann der Antecrist stehet vnns bei,
Hilfft vnns mit gelde erhalten,

5. Ach gott mein herr sie meinen ganntz,
Sie habenn gewalt auf erdenn,
Was sie nur redenn muß geltenn allein,
Das wollestu Jnenn wehrenn,
Und stürtzenn Jrenn hohemut groß,
Dann sie werdenns dir nicht wehrenn,
Du pleibest noch gott auf erdenn,

6. Ach gott mein herr du wollest auff sein,
Mich vnnd die deinen thun errettenn,
Meine Clage die tringet zu dir ein,
Mein gebett wollestu erhorenn,
Dem glauben lass folgenn die thaten nach,
Vnnd greiff sie gewaltig ann,
Zu deinem Lob vnnd ehrenn,

7. Ach gott mein herr dü prüuest mich woll,
durch erhaltung deiner gnadenn,
Lauter Im glaubenn mich gefunden hast
Ann deinem wortt ich nicht vertzage,
Ich hab das lieb vnnd höre es gernn,
Darumb ich leide der gotlosenn haß,
Doch leuchtet es Inn diesenn Landenn,

8. Ach gott mein herr bewar mich rein,
Inn der gotlosenn Radt zuuerwilligen,
Zusturtzenn die rechte Lahr,
Wollest Inenn nicht zulassenn,
Thue Inenn o herre widerstehenn,
Vnnd lass mich dir beuolenn sein,
Mit allenn glaubennsgenossenn,

9. Ach gott mein herr die Thoren sprechen zwar,
Es sei kein gott mer auf erdenn,
Gewalt gehet vber recht,
Das clag ich alle stunde,
Dein wortt trew vnnd warheit geltenn nicht,
Was sie denckenn muß vortgehenn,
Ach gott du wollest Inenn wehrenn,

10. Ach gott mein herr was clag ich mer,
Dein wortt ist Inenn wurdenn,
Ein torheit vnnd verachtung gross,
Das werdenn sie mit schadenn befindenn,
Deine diener seint bei Inenn vnwerdt,
Wie sie achtenn o gott denn herren,
Also haltenn sie o gott die knechte,

11. Ach gott mein herr hir ist betens zeit,
Dann der teuffell ist voll haß vnnd neidt,
Er brechte mich gernne Inn vngeluck,
Ich gedenncke aber das gott alles sicht,
Darumb ich mich stets fur Ime huete,
Ann mir Ime nichts eigenns gebe,
Dann du hast Inenn vberwunnen,

12. Ach gott mein herr ich harre dein,
Bin getrost vnnd vnuertzaget,
Dann so du sprichst so stehet es dar,
Darann will ich nicht zweiuelnn,
Wann ich schrei so errettestu mich,
Dein gnedige ohrenn horenn mich,
Das will ich gleubenn ahne wanck,

13. Ach gott mein herr ich trawe auff dich,
Es wirtt mich nicht betriegenn,
Wiewoll es hat noch grosse gefahr,
Noch kannstu mir In nicht liegenn,
Vnnd soll nicht wehrenn der hellenn shar,
Vertzeucht sich dieß vnnd etlich Jar,
Gar balt die Zeit wirt kommen,

14. Ach gott mein herr mache offenbar,
Vnnd zeige Ine Ire sunde,
Das sie erkennen Ire torheit groß,
Was sie Inn mir verfolgenn,
Dann wirt man redenn frei dauonn,
Das gott erhelt vnnd nicht verlest,
Woll den die auf Ine trawenn,

15. Ach gott mein herr ich bitte noch mer,
Das kannstu mir woll gebenn,
Das ich vonn hertzen liebe meine feinde,
Vnnd Inenn genntzlich vergebe,
Vergib Inenn auch zu dieser stundt,
Wo nicht so gib Inenn die Rache,
Die dir allein gebueret,

16. Ach gott mein herr wann mir gebricht,
ich keinen Radt weiß zu findenn,
So stehenn meine augen zu dir aufgericht,
Du wirst es mit Inen woll findenn,
Verwirff mich niht Inn meim alter,
Verlass mich nicht wenn ich graw werde,
Bis ich dein gnad verkundige,

17. Ach gott mein herr hilff vberwinden,
Das mein hoffnung nicht misgelinge,
Das ich dein crafft verkundigenn thue,
Kindts kindernn vnnd denn nachkommen,
Damit sie lernenn furchtenn dich,
Dein gepott nicht werffenn hinter sich,
Dartzu gib Inen deine gnade,

18. Ach gott mein herr hiemit schließe ich zu,
Thue mich deiner gnade beuehlenn,
Verschonn mit deiner grimmig straff,
Der armenn vnschuldigenn auf erdenn,
Laß dir Inn gnadenn beuolenn sein,
Alle die dich lieben vnnd ehrenn,
vnnd dir nicht widerstrebenn, amen.

Gott allein dafür die ehre, amen.

Magdalena Bekin

Ein Geystliches Liede. Mag es dann je nicht anders gsein, etc.

1. MAg es dann je nicht anders gseyn?
ach Gott, laß dichs erbarmen thun!
Ist denn das vnglück hewer alls mein?
Herr, laß mich dir befolhen seyn,
Vnd wend von mir
durch dein Göttliche zyr
das Creutze mein,
Herr, du weyst wol was es mag seyn.

2. Dann wen du, Herr, thust greiffen an
vnd wilt jhm deine hilff versagn,
Der mag vor dir doch nicht bestahn:
ich bitt, du wölst mich nit verlan. verlan = verlassen
Wie offt ich hort
durch dein Göttliches wort,
wer trawt auff dich,
den wilt du, Herr, verlassen nicht.

3. Leg ab dein zorn, vnd sterck in mir
den glauben, HERr, ist mein begir.
Ich bitt durch dein Göttliche zyr,
mein Sünd wöllst du vergeben mir
Die ich so hart
in mancher grossen fart
thet wider dich:
o Herr, biß mir genediglich! biß = sei

4. Noch will ich, Herr, das creutz gern tragn
dieweil du michs nicht wilt erlan:
Ich bitt allein, wölst mir beystahn,
das ich es mit gedult mög tragn.
Herr hoch geborn,
laß ab von deinem zorn,
verley mir gdult,
fürwar, es ist meinr sünde schuld.

5. All mein hoffnung zu dir, mein Gott,
ich lig in sünd biß in den Todt,
Darinn ich leid groß angst vnd not,
darzu weist du gut hilff vnd rat:
Drumb ich dirs klag,
ich bitt, mir nit versag
die hülffe dein,
sonst mst ich ewig trawrig sein.

6. Bekenn ich dir die sünde mein
vnd laß mirs leyd von hertzen seyn,
So muß es nach den worten dein
vergeben vnd vergessen sein:
Dein wort ist war,
rein, lauter vnde klar
als Sonnenschein,
wer von hertzen trawet darein.

7. In Gott setz ich die Frewde mein,
das schafft sein Göttlichs wort allein,
Herr, schick es nach dem willen dein,
allein du mir gedult verleyh.
Du bist mein trost,
wann du hast mich erlst
mit deinem Blut,
deß sich ein Christ zu frewen hat.

8. In deine Hände ich mich übrgeb;
Herr Jesu, dir sterb ich und leb.
Herzlich mich sehnt nach dir, o Gott,
Steh du mir bei in Todes Noth.
Ade, ade,
Zum Himmel ich eingeh
Durch Christi Blut.
Jetzt hab ich nu das ewig Gut.

9. Schmach, Schand, Schwerd, Tod mich nicht aufhält,
Christus ist da der rechte Held.
Das zeitlich Leben weicht von mir,
Christus das ewig schenket mir.
Was will ich mehr?
Nu mit dem Tod nu her;
Ich willig bin.
Also fahr ich ins Leben hin.

Magdalena Heymairin

Das Gaistliche A. B. C. sampt eine(m) schnen Gaistlichen lied.

1. AN Gottes forcht auff Erden an = ohne
soll gar kein Mensch nit sein:
Wiltu verständig werden,
halt dich zum Herren dein,
Gibt dir rechten beschaidt,
lehrt dich in allen dingen,
das dir muoß wol gelingen,
das du nit kompst in laidt.

2. BItt Gott on allen grawen
dz er dir helff auß not,
Thuo dich jm gantz vertrawen
als deine(m) lieben Gott,
Der helffen kan geschwindt:
sunst muost du hie verderben
vn(d) dort ewigklich sterben
von wegen deiner sündt.

3. CReützig zuo Gottes preyse
den leib, sey züchtig still,
Leb nach des Gaistes weyse,
thuo nit was dein flaisch will,
Leb nach dem Gaist vil mehr,
dem flaisch thuo widerstreben,
so wirst du ewig leben
zuo Gottes lob vnd ehr.

4. DEmuetigkeit thuo ueben,
dasselb gefelt Gott sehr.
Was recht ist solt du lieben,
so wirstu haben ehr.
Barmhertzig wöllest sein,
auff das Christus mög sage(n)
in deines Feinds verklagen
‘kompt her, jr liebste(n) mein’.

5. EHr vn(d) dien Gott von hertzen;
richt dich nach seiner lehr:
Er laßt mit jm nit schertzen,
es gefelt jm nit mehr
Dan(n) was sein lieber Son dann = außer
vns allen hat gebotten;
laß wuetten alle Rotten,
Gott sitzt im(m) hchsten thron.

6. FÖrcht Gott vor allen dingen,
dann er kan leib vnd Seel
In die verdam(m)nuß bringen
vnnd in die Höllisch quel:
Das kan kein mensch auff Erdt;
O Mensch, wöllest dich ueben,
Gott ueber alles lieben,
dann er ist ehren werdt.

7. GAr fleissig auch betrachte
das du dein Creütz auf erdt
Tragest nit vngeschlachte:
wilt sein des Herren werdt
Vn(d) ewig bey jm sein,
so muost du mit jm leyden,
die Weltlich frewdt vermeyden
nach seinem wort so rein.

8. HAlt rechten fridt mit allen
vn(d) lieb den Naechsten dein:
Soll dein lieb jm gefallen,
so muoß sy hertzlich sein:
Christus gibt den bescheidt
‘ob jhr euch schon nicht nennet,
doch werdet jhr erkennet
das jr mein jünger seid’.

9. IN angst vnd grossem leyden
verlaß du dich auff Gott,
So bleybest du mit frewden;
acht nit der Welte spott,
Denck an die saeligkeit:
die schmach inn disem leben
Ist doch nit werdt, merck eben,
der zukünfftigen freüdt.

10. KEhr dich mit hertz, mt, sin(n)en
allein zuo deine(m) Gott,
So wirst du werden innen,
glaub mir ohn allen spott,
Das Gott der Vatter dein
von seinem hohen Throne
mit seinem Gaist vnd Sone
stehts werden bey dir sein.

11. LEhrn von Christo die lehre,
der selb die warheit ist,
Gib jhm allein die ehre,
brauch nit der Zwingler lißt,
Laß sein wort haben recht,
dann auß des vaters schosse
die lehr Christi herstosse,
sagen alle Gottes knecht.

12. MIt allen frummen Christen
frew dich in Gott allein,
Nit mit der welt Sophisten
dir solle sein gemein:
Wer jetzt inn trawrigkeit
in dieser Welt muoß leyden,
von dem thuo dich nicht scheyden,
hilff jm tragen sein leydt.

13. NIcht laß dich vberwinden
den zorn vnd grossen neydt,
Sey sänfft, es wirt sich finden,
merck auff Christi bescheydt:
Da sy jn schalten sehr,
da wolt er sich nit rechen,
doch that er widersprechen
vnnd hielt ob seiner lehr.

14. OPffer dich Gott für eigen
der dich erschaffen hat,
Sein wort thuo nit verschweygen,
tracht darnach frue vnd spat
Das du on schein vnnd spott
mit ernst darnach thst leben,
ob dir die Welt wurdt geben
den schweren bittern todt.

15. PAulus sagt, sey beschlossen
inn dem Göttlichen Raht,
Das Christi mitgenossen
hie leyden, doch mit gnadt:
Die kinder Gottes rein,
die so Sünd wölle(n) meyden,
sich muessen gar vil leyden,
da schicket euch darein.

16. QVaelle(n) wirdt Gott mit schmertzen
die hertzen aller der
So nit von gantzem hertzen
bleiben bey Christi Lehr:
Ht dich vor solchem raht,
sy thun den Mantel hencken
nach dem die Wind sich lencken,
das sicht man frue vnd spat.

17. RIcht recht, sprich ‘Gott es walte’,
so wirstu haben preyß:
Du seyst Jung oder Alte,
halt dich nach seiner weyß.
Vber den Naechsten dein
thuo nit falsch vrtheyl geben
von sei(ne)m Christlichen leben,
dein zung regiere fein.

18. SElig bist du im(m) Herren,
so dich die arge welt
Verletzt an deinen ehren
vnnd arges von dir helt:
Gedenck, das Christus spricht,
das du von jr gescheyden
vnd sy werdt dich nit leyden,
nach dem vrthail dich richt.

19. THuo guots inn der Gemeine,
laß dich schrecken kein last,
Nicht deinem Freundt alleine
von dem du guottes hast,
Lieb auch die Feinde dein,
die lißtig darnach stellen
wie sy dich wöllen fellen,
dir anthuon angst vnd pein.

20. VNglauben solt du meiden,
dan(n) er schleüßt alle Sündt:
Glaub in Christo mit frewde(n),
derselb macht Gottes kindt.
Huet dich vor solchem raht
welche des Herren spotten,
nit glauben den Gebotten
die er gegeben hat.

21. WAch auff vn(d) thuo nit schlaffen,
rüst dich mit ganntzem fleyß:
Der Todt das sein thuot schaffen,
bit Got auch gleicher weyß
Das er dir helff behendt,
das du, wie es sein wille,
jm auch haltest fein stille
an deinem letzten endt.

22. XEll dich nit zuo den leüten
die Heüchler seind vor Gott,
Die da zuo allen zeyten
den frum(m)en machen not,
Das man dich nit verfuer,
dann sy können sich schmiegen,
die Freundt vnd Feindt betriegen,
Gott wirdt straffen die Thier.

23. YSt dir Christus im(m) hertzen
mit seinem wort bekandt,
So thuo mit jm nit schertzen,
danck jm für dises pfandt:
Dann der schatz vnd die gnadt
nit allen ist gegeben;
sey demuetig im leben,
dem Nächsten hilff vnd raht.

24. ZV Christi Jüngstem tage
wir alle muessen stohn:
Sagst du auff da ohn klage
diß A. B. C. gar schon,
So du gelebt dem gleich,
so solt du es geniessen,
das wirdt den Feindt verdriessen,
wirst gehn inn Gottes reich.
 

Margaretha, Duchess of Anhalt

Zur ersten Vesper

1. HERR Gott zu meiner hülff gedenck, thu mir deiner hülffe schein,
das ich mög betrachten das leiden des Sohns dein
Das er gelidten hat zur Vesper stunden,
damit er vns von Sünden hat entbunden.

2. Das leiden Jhesu Christ hub sich also an,
da er von Bethanien gegen Hierusalem kam
Vn(d) war mit seinen Zwölffboten zu tisch gesessen
vnd wolt mit jnen das Osterlemblein essen.

3. Er sprach ‘mit begirt hab ich begert zu essen dis Lemblein
mit euch, meine lieben Jünger, fur dem leide(n) mein.
Doch wirt ewer einer mein Verreter werden
vnd mich in meiner Feinde hende geben’.

4. Die Jünger erschrocken sere, sie sprachen den HERREN an
‘bin ichs, lieber HErre, der ich das solle thuen?’
‘Meister, bin ichs?’ sprach Judas, ‘thu ich fragen’.
Jhesus sprach ‘du thust es selber sagen’.

5. Vnter den Jüngern ward ein zanck, wer der groeste solt sein:
der HErre stund auff vom Tische, leget ab die Kleider sein,
Er that bald Wasser in ein Becken gissen,
er wusch jhn jhre Fuesse vnd thet sie jhnen darnach wischen.

6. Er sprach ‘jhr heist mich Meister, Ich bins vnnd ewer HERR,
hab euch ewere Fuesse gewaschen vnnd knie fur euch auf Erden,
Vnd hab euch hiermit ein Exempel gegeben,
das jhr in liebe demüthiglich solt leben’.

7. So bald der HErr wider zu Tische sass,
er nam das Brodt in seine Hand vnd gesegnet das:
‘Nempt vnd esset, das ist mein Leib, denckt eben,
der fur euch in den Todt wirt gegeben’.

8. Er nam den Kelch in seine Hand, darinnen was der Wein,
er thet jn benedeien, dancket Got dem Vater sein:
‘Nembt vnd trinckt den Kelch in meinem Blute,
das vergossen wird vielen Sündern zu gute’.

9. Mit betruebtem Geist sprach er zu jn ‘ich sage euch gantz verwar,
mich wird einer verrahten aus ewer zwölffen Schar:
Des Menschen Sohn gehet nach der Schrifft furware,
dem Verrheter wer gut das er nicht wer gebore(n)’.

10. Petrus winckete Johanni, der thet den HERren fragen,
wer jhn solt verrhaten, das er jm das wolt sagen:
Er sprach ‘sich auff vnd mercke das gar eben,
er ists dem ich den nassen bissen gebe’.

11. Er tunckte das Brot wol in die Salse vnd reicht es Juda hin:
‘was du thuen wilt, das thu baldt, als du es hast im Sinne’.
Er stund auff vnd gieng gar baldt von dannen
in die Heuser Cayphas vnd Annen.

12. ‘Nu ist erklert des Menschen Son vnd Gott würd erklert inn jhm!
ich wil euch nicht verbergen’, sprach er, ‘mein liebsten Söhne:
Die zeit kömpt ich werde mich von euch scheiden,
vnd jr werd sein in jammer vnd leide.

13. Ich werde die welt verlassen vnd gehn zum Vater mein,
euch die stete zu bereiten, das jr solt bey mir sein.
Doch seid getrost, betruebt euch nicht zu sere,
ewer leid wird sich inn frewden keren.

14. Ich wil euch nicht Waisen lassen, ich gehe vnnd kom zu euch,
so werd jr euch vbermassen frewen wonnigleich:
Eine Frawe, wenn sie geberen sol, hat leide,
wenn sie gebirt vergist sie der pein fur frewden.

15. Ich gebe euch zu der letzte ein gebot vnd das ist newe,
das jr ein ander liebet von hertze(n) in gantzer trewe,
Wie ich euch habe geliebet inn meinem leben,
der ich fur euch meinen Leib inn Tod thu geben.

16. Ist das jhr mich habt geliebet, so behalt die rede mein,
so werdet jhr von meinem Vater wider geliebet sein:
Was jr denn bit durch mich wird er euch geben
allhier inn zeit vnd dort das Ewige leben.

17. Ihr werdet alle von mir weichen vnd lassen mich allein,
mein Vater von Himelreich, der wird mir doch beystehen:
Es ist geschrieben, der Hirte wird geschlagen,
so wird man die Scheflein auch verjagen.

18. Ir werdet euch an mir ergern heint in diser nacht,
Sathan hat erbeten das er euch siebe mit macht:
Ich bat für dich, Simon, das bliebe der glaube dein,
so du würdest bekart, soltu du deiner Brder stercker sein’.

19. Da sprach Simon Petrus ‘O HERR, das soll nicht sein,
ich wil mit dir sterben, du liebster Meister mein!’
Der HErre sprach ‘das wird sich heint noch wol ereugen:
ehe der han kreet wirstu mein dreiens verleucken’.

20. Das hat, Gott, dein Son gelidten fur vns zu Vesper zeit;
ich bitt dich durch sein Leiden, mach vns von Sünden queit,
Hilff das wir furt alle Sünde meiden
vor welche er so schmertzlich hat wollen leiden.

 

German Secular Women’s Songs

Selections from the Ambraser Liederbuch, 1582:

 

No. 1: Hertz einiges lieb, dich nicht betrüb

 

1. HErtz einiges lieb, dich nicht betrüb,
so uns die zeit, jetzt widerstreit,
sichst doch wol wie, das kein mensch hie,
so selig lebt, wie hoch er schwebt,
zu zeiten jhm etwas widerstrebt.

2. Leb gleich als ich, das bitt ich dich,
in hoffnung wart unfal uns nicht,
lang jrrn sol, erkens doch wol,
was unntrew kan, dasselb sich an,
mein hertz dir guts für andern gan,

3. Nach solcher schwer, mein trew beger,
die dir voran, ohn abelan,
stets ist verpflicht, fürwar mit nicht,
ich von dir setz, mit keiner letz,
freundlich dich sicher alles leids ergetz.

Dis lied haben die weisen bedacht,
von einer schönen jungfrawen gemacht.

 

 

No.  4: Mein alter man, der nimpt sich an

1. Mein alter man, der nimpt sich an,
wil mir freud und lust vertreiben,
Mit eiffern und grein, macht er mir pein,
lies ers doch alles bleiben.
Er greint und murrt, im haus umbschnurt,
sicht er mich frölich schertzen
mit einem gast, so grawt jhm fast,
und bring jm grossen schmertzen.

2. Er wil das ich, als offt das geschicht,
kein lachen mir mir leiden,
Mit seiner weis, macht er mich greis,
so ich alle freude mus meiden.
Das thut mir and, bins nit gewont,
als ich von jhm thu lernen,
damit er macht, das ich nicht acht,
ich wils wol vertreiben.

3. Was geht jm zu, das er kein ruh
den tag noch nacht wil haben,
Er ist im haus, so sucht er aus,
und fürcht die jungen knaben.
Die des nachts umbgahn, ihn fechten an,
mit pfeiffen, singen und hofieren,
der lauten klanck, der macht jn kranck,
dz thu ich an jm spüren.

4. Ach lieber man, du wilt nicht han,
kein witz zu deinen jaren,
Und weist doch wol, das jugent sol,
kurtzweil und freude treiben.
Was zeihestu dich, das du gleich mich,
mit dem wilt nicht fern gnug lieben,
nim guten mut, das macht gut blut,
thu dich nicht so hart betrüben.

 

 

No. 5: ACh mutter liebste mutter mein

1. ACh mutter liebste mutter mein
sprach sich ein zartes jungfrewlein,
vor leid ich nit kan leben,
Wenn ich an die studenten gedencke,
jr schöne mein junges hertz bekrenckt,
jnen hab ich mich ergeben.

2. Die mutter sprach, ach töchterlein,
du solt derhalben nicht trawrig sein,
was sol dir ein studente,
Ich wil dir einen kaufman geben,
mit dem magstu in freuden leben,
die studenten sind ohn rendte.

3. Das megdlein sich nit lang bedacht,
bald sie wider zu der mutter sprach,
ewer rede bringt mir schmertzen,
Der kauffman solt mich mit frieden lan,
ich wil und mus einen studenten han,
das rede ich euch von hertzen.

4. Ich achte keine reiche tag, oder viel geld,
der studente mir besser gefelt,
niemand sol mich abwenden,
Wol von der ehrlichen brüderschafft,
die allenhalben wird gros geacht,
in allen landen und stetten.

5. Ich bin nimmer gewesen hold,
einem pflastertreter oder trunkenbold,
der da nichts hat gelernet,
Er sol ein freyer studente sein,
dem wil ich vertrawen die ehre mein,
der da was hat gestudieret.

6. Der studenten weise gefelt mir wol,
denn sie sind aller ehren vol,
mit zucht sind sie gezieret,
Darneben sie viel tugent han,
manchfalt unbertrifft jre gestalt,
den ruhm mus man jn geben.

7. Ach wenn sie kommen spatzieren daher,
so leuchten sie als der morgenstern,
wem thun sie doch nit gefallen,
Wem ist nit lieb jr lauten schlan,
wenn sie daher modieren gan,
mit seytenspiel und schalle?

8. Den studenten geb ich allein den preis,
jnen singe ich lob mit allem fleis,
sie füren ein zartes leben,
Bey den studenten ist gut sein,
mit worten können sie schertzen fein,
lieblich und freundlich reden.

9. Alde kauffman zu guter nacht,
deiner bit man gar wenig acht,
meiner darffstu nit warten,
Frisch auff jr von der feder gut,
nach euch steht all mein sinn und mut,
nach euch ich allzeit trachte.

10. Die uns dis liedlein new gesang,
eines goldschmids tochter ist sie genandt,
sie hats so wol gesungen.
Sie helt die studenten in grosser acht,
alle guten gesellen doch unveracht,
und ist jr wol gelungen.

 

 

Nr. 6: ACh Gott wem sol ichs klagen

1. ACh Gott wem sol ichs klagen,
das heimlich leiden mein,
Mein hertz wil gantz verzagen,
gefangen mus ich sein,
Ins kloster bin ich gegeben
in meinen jungen jaren,
darinne mus ich leben,
kein freud noch lust darinne haben,
das klag ich alles zwar.

2. Nun ret zu dieser stunde,
was ich euch sagen thu,
Verflucht sein alle meine freunde,
die mich haben bracht dazu.
Das ich mich sol wehren,
das nit zu wehren ist,
mein gut thun sie verzeren,
mein seel höchlich beschweren,
das klag ich vom himmel Christ.

3. Ich weis ein andern orden,
in diesem bleib ich nit,
Ich bin des innen worden,
es sein nur menschengedicht,
Damit ich bin verbunden,
bis in das zwelffte jar,
die warheit hab ich gefunden,
mein strick sein auffgebunden,
mein andacht ist verloren gar.

4. Den orden den ich meine,
den hatt Gott selbs gestifft,
Den ehelichen stand alleine,
als man find in der schrifft,
Es ist nicht zu sein alleine,
spricht Gott den menschen zu gut.
darumb schafft er noch einen,
aus seinem fleisch und beinen,
der jm auch hülffe thut.

5. Das war Adam und Eva
die got zusammen verpflicht,
Den orden solten sie halten,
und den nicht machen zu nicht,
Ir brot im schweis erwerben,
für jrem angesicht,
sonst müsten sie beyde sterben,
und ewiglich verderben,
wol in der hellenpein.

6. Dem wöllen wir nachfolgen,
das helff uns der liebe Gott,
Wöllen Christum lassen sorgen
der uns allzeit behüt,
Auff jn allein vertrawen,
auff keinen menschen mehr,
welcher uns kan ernehren,
und behüten für falscher lehr,
Im sey lob preis und ehr.

 

 

Nr. 7: SEhnlicher schmertz

1. SEhnlicher schmertz
bekrenckt mein hertz,
und ist kein schertz,
darumb ich mich so hefftig klag,
Das mir mein glück
setzt gegen strick
durch sein bös tück,
in die leng ichs nit erdulden mag,
Wie mir geschicht,
durch viel bößwicht,
wo ich hinkehr,
schneid man mir ab mein weiblich ehr.

2. Ob mir mißling,
und es mir gieng,
wie sich anfieng
der unfall mit Lucretia,
Wer wolt mir doch
mit solchem rach
zu legen schmach,
wer ich die ander Porcia,
Wer gleich als gut,
in stiller hut,
der ehr zu sein,
als Julia und Dido die rein.

3. Doch hoff ich schier,
es geschehe auch mir,
das frawen zier
erlöst werd, wie Susanne geschah,
Durch jhr unschuld
und gros gedult,
durch Gottes huld
geschach den alten weh und ach,
Darumb hoff ich doch,
die zeit kom noch,
zu seiner stat,
das Gott mein nit vergessen hat.

 

Selections from the Liederbuch by Ottilia Fenchlerin, 1592

 

No. 2: Freündliches herz

1. Freündliches herz,
ohn allen schmerz
dein lieb hat mich vmbfangen,
deinethalben muss ich leyden schmerz,
nach dir sthet mein verlangen
auss rechter begier,
das glaub du mir,
mit rechter lieb vmbsessen,
dieweyl ich leb
von mir nit streb.
du hilf, mein trost, auf erden.

2. Freündliches bildt,
erzeyg dich milt,
gegen deiner dienerin arme,
vnd wann du wilt, so ists verstelt,
nimm mich in deine arme
auss rechtem lust,
geschmucket an dein brust,
mit armen dein vmbfangen.
dieweyl ich leb
von mir nitt streb,
nach dir stätt mein verlangen.

3. Freündtlicher hort,
merck meine wort,
lass dir sie gen zu herzen,
ich förcht die lieb sey mir zerstört,
darumb leydt ich gross schmerzen,
von mir nicht wenk,
ich dir das schenk,
mein gesang hörst erklingen,
also erdacht
zu gutter nacht:
du bist mein jüngling.
(es sol mir wol gelingen?)

 

No. 5: Ich bin schabab, macht mich nicht graw

1. Ich bin schabab, macht mich nicht graw,
ich hoff mein sach soll werden gutt!
wolauf glück,
wie es sich schickt,
so halt dich recht vnd wol in huott:
dein vntrew dück,
sindt all mein glück,
recht wie er will,
ich beger nicht vil
vmb seinen neydt,
wie es sich geytt,
ich würdt mit meinem schaden gescheydt,
wer weyss wie lang das mich der unfall reyt.

2. Er sprach zu mir: hab vrlaub dir,
ich will dein fürbass haben rath,
wer fragt darnach,
mir ist nicht gach,
ich weyss wol wieviel es geschlagen hat:
es ligt am tag,
das er mein nit mag,
ich arme magdt,
ich bin gar veracht,
wann ich ihn bitt,
so gewert er mich nicht
er tett mirs nitt,
scheudt ihn der ritt,
wann ich ihn noch einmal drumb bitt.

 

No. 9: O trauren über trauren

1. O trauren über trauren,
wie möcht ich frölich sein!
hab ich doch verlohren
den allerliebsten bulen mein,
so will ich doch nicht trawren,
ich will iezt frölich sein.
ich weiss mir einen schönen jungen knaben,
der ist so lieb als du.

2. Urlaub hastu mir geben,
ich hoff es sey mein glück
er wolt mich gern verführen,
an einem narren strick.
da sag ich dir immer recht:
er findt noch wol ein reychere,
ich bin von armen geschlecht.
 

No. 10: Kein lieberer auf erdt war nie geboren

1. Kein lieberer auf erdt war nie geboren
vnd der mir bass gefelt,
Gott hatt mir ihn selber auserkoren,
ich hab mir ihn auserwölt
ob allen schönen jungen knaben,
das soll er glauben mir,
mir liebt sein adeliche gestalt,
sein trost der ist so manigfalt,
wollt Gott ich wär bey ihm!

2. So wer mein leidt verschwunden
vergangen wer mir mein klag,
ich hoff ich hab gefunden
den ich in meinem herz trag!
ich fan ihn in den rosen,
solt ich brechen der blümlein vil,
solt ich mit ihm liebkosen,
solt er meiner redt auflosen.
wer meines herzens begier!

3. Ade schöns lieb zu guter nacht
vnd spar dich Gott gesundt,
da hett sie sich gar baldt bedacht,
vnd küsst in an sein mundt,
muss ich mir von dir scheyden,
geschicht meinem herzen wee,
kann ich dich nicht erwerben
von leydt so muss ich sterben,
vnd ist mir doch nicht weh.

 

No. 11: Gross lust hab ich zu singen gehabt

1. Gross lust hab ich zu singen gehabt,
darumb hab ich das liedtlein gemacht.
ich sing es dir, auf das du mir
der liebste seyst vnd darbey bleib!
ich sing es einem jüngling fein,
ich hoff, er soll mir nicht feindt sein,
ach grüss mir Gott den zarten jüngling.

2. Seine adeliche geberden gefallen mir wol,
gleich wie sich ein jüngling halten soll,
er hat hatt zwey eüglein die seind klar,
darzu ein hüpsches grauses haar,
gleich wie ein adelicher ghett er herein,
er hat ein rottes mündelein
ach grüess mir Got den zarten jüngling.

3. Ach herziger schatz vergiss nicht mein.
vnd lass mich dir befohlen sein,
bey dir wer ichh doch allzeyt gern,
vnd was du wilt. thu mich gewehren.
ach gieng es nach dem willen mein
so müsst dein mutter mein geschwig sein.
ach grüess mir Gott den zarten jüngling.

4. Wolt Gott das ich erlebe das jahr!
das ich dir wünsch, das werde war,
ja wenn es nicht soll waar werden,
wolt gott ich leg vnder der erden!
ich wünsch feiner jüngling, dass ich were dein,
vnd wärstu mein.
ach grüess mir Gott den zarten jüngling.

5. Ich bin ein hirschlein wildt,
mich jagt ein schönes holzseliges bildt,
freündtlich reden, das kann ich nit,
schön wer ich gern, das bin ich nicht.
fromm bin ich wol, das hilft mich nicht,
darumb hab ich kein stättigen bulen nicht!
ich bin für war ein hirschlein wildt,
mich jaget ein schönes holtzseliges bildt
wann ich in an sein ehr werdt fellen,
so würdt er mir auss dem garn entspringen,
vnd dir schöns lieb ein liedlin zu singen.

6. Allde feins lieb! ich fahr von hinnen
ich hoff du solt mir bald antwort bringen,
der mir also gefallen würdt,
das mich kein falscher kläffer nicht irt,
dem vngenanten vnd wolbekanten,
dem hochgebornen, vnd ausserkornen,
ich hoff mein lieb soll nicht sein verlohren.

7. Feiner jüngling: dir hab ich das liedtlein gedacht
ich wünsch dir vil tausent gutter nacht,
do ich das liedtlein hab gemacht.
hab gar oft an dich gedacht,
du bist meines herzen ein eynige zier,
gefell ich dir, so sag es mir,
grüss mich, es ist iezunder an dir.

 

No. 13: Mein freüdt wiewol sie verloschen ist

1. Mein freüdt wiewol sie verloschen ist,
so hoff ich doch zu disser frist,
sie werdt mir widerkommen,
würstu auss dem herzen mein,
feins lieb nimmer genommen.

2. All mein hoffnung ich zu dir stell,
halt fest du allerliebster gesell,
in rechter lieb vnd trewen,
……….
dich würdt es nimmermehr gerewen.

3. Rein zarter jüngling daran gedenk,
dein herz und treu keinem anderen schenk,
du bist allein mein leben,
minn hilf vnd trost in aller noth,
dir kann ich nicht widerstreben.

4. Ich muss, feins lieb, weyt von dir sein,
bringt meinem herzen schwere pein,
vnd kan nicht fröhlich werden,
dieweyl ich muss beraubet sein
meines höchsten trost auf erden.

5. Ach bedenk herzlieb die grosse noth,
die mir iezundt zuhanden ghott:
das ich mit grossem schmerzen
dich ganz vnd gar nicht sehen kan,
das macht betrüebte herzen.

6. Freüdt vnd wollust ist all dahin,
betrübt ich für war allzeyt bin,
das mir jetzt ist genommen
mein einiger trost in disser welt,
wo soll ich in wider bekommen?

7. Recht lieb in meinem herzen trag,
vnd denck ann dich tag und nacht,
dein schön hat mich gefangen
vnd mit brinnender lieb verstrickt,
nach dir trag ich verlangen.

8. Ihn nöthen will ich für dich sthon
vnd solt mir vil zuhanden ghon,
vmb dich mein jünglinge,
für dich will ich ghen in den todt:
wann mir nur möcht gelingen!

9. Du bist allein, der mir bringt freüdt,
vnd mir vertreyben thut mein leydt,
solt ich dich wider sehen.
soltestu widerumb sein bey mir vnd ich bey dir,
was könt mir höheres geschehen?

10. Es muss doch eh zu scheytern ghon,
eh ich dich mein herz wolt verlohn,
all ding auf disser erden,
du bist allein mein freüdt vnd wonn,
soltestu mein eygen werden!

11. Reyss nicht ab das thuch der lieb,
[damit ich bin verbunden,]
in sthätter trew dich ewig üb,
du machst sonst frisch die wunden.
nimm mit von mir das herze dein,
ich werdt sonst nimmer gesunde.

12. In deinen willen zarter jüngling,
setz ich alzeyt das herze mein
vnd alles mein vertrawen:
halt fest an mir, wie ich an dir,
lass mich fest auf dich bawen.

13. Christo dem seligmacher fein,
befihl ich dich herzliebster mein,
der würdt dich wol behüetten,
er würdt deinn eygner tröster sein,
er is voll grosser guotten.

14. Von mir weich nicht, das bitt ich dich,
sthe mir bey allezeyt festiglich!
dein trew thu du auch halten,
die du mir versprochen hast:
so würdt uns niemandt spalten.

15. So vns das liedtlein new gesang,
ein zarte jungfraw ist sie genant,
gross lieb hatt sie bezwungen,
ein feiner jüngling hatt sie lieb,
zu dem kundt sie nicht kommen.

 

 

Nr.15: Feins lieb ich muss dich meyden

1. Feins lieb ich muss dich meyden:
ist als des klaffers schuldt!
zu dir trag ich heymlichs leyden,
herzlieb ich hab mit dir gedult,
mein herz das leydt gefangen
so hart nach deiner lieb,
zu dir sthett mein verlangen,
da herziges eyniges lieb!

2. Mein herz das ist betrüebet,
verwundt biss in den todt,
dein lieb mich so hart übet,
das schafft dein munde rot.
der stundt thu ich mich frewen,
wenn ich dich feins lieb anesieh,
ein kalte lieb würdt newe.
so du mir freundtlich zusprichst.

3. Feins lieb ich will dich nicht lassen,
weyl du das leben hast,
far hin dein weg vnd strassen,
da du zu schaffen hast:
mein leyb der ist dein eygen,
soll dir sein vnterthon,
du liebst mir ob inn allen.
bist meines herzen eine kron.

4. Feins lieb halt mir dein trewe,
der du mir verheyssen hast,
es würdt dich nicht gerewen,
redt ich ohn allen hass:
ich schenck mich dir für eygen,
das glaub du mir für war,
du geliebst mir ob in allen,
in aller jüngling schar.

5. Feins lieb das sey gesungen
dir zu tausend gutter nacht,
zu dir kan ich nicht kommen,
das hab wol bedacht,
ach scheyden über scheiden,
aus freüden in trauren bracht.

 

 

Nr. 16: Vor zeyten was ich lieb vnd werdt

Vor zeyten was ich lieb vnd werdt,
jezundt hatt es sich gar verkert.
es ist als an ihre verlohren.
dann er will ein andere lieber hann,
niemandt zwey herren dienen kan:
einen muss man lieben.
den anderen verlohn
damit so ghetts mir auch also.

2. Hüt eüch ihr lieben jungfrawen,
halt eüch in gutter hutt,
das eüch die lieb nicht zwinge,
das ihr möcht abelon.
ein gutten mutt ein kurzes ziel,
nicht glaub den jungen gesellen zuvil,
was heüt ist lieb ist morgen leydt,
das macht ihr vnsthättigkeyt.

3. Deim falcken können sie streychen,
dieweyl wir bey in sindt,
vil sprichwort können sie treiben,
als baldt sie von vns ghen,
verheyssen vil vnd halten gar kein theyl.
bis sie vns bringen ans narren seyl
den müssen wir ihn hie gefangen ghan,
dieweyl wir das leben han.

4. Sie thun vns locken vnd singen,
biss wir in fliegen zu,
das sie vns thun bezwingen,
dieweyl haben wir kein ruh.
gleich wie man den kleinen waldtvöglein thutt,
man pfeifft ins süess vnd macht ins gut,
wenn man sie dann gefangen hat,
so schlecht man sie dan zu todt.

5. Ade zu tausent gutter nacht!
mein trauren hatt schon ein endt,
het ich dein vntrew lengst erkant
mein herze het sich von dir gewendt.
für wor ich lass gerewen dich
du betreygst ein andere, als baldt als mich:
dein vntrew macht, das ich baldt nicht mehr acht,
ade zu gutter nacht.

 

 

Nr. 21: Ach Gott ich thu dich bitten

1. Ach Gott ich thu dich bitten:
gib mir vernunft vnd verstandt
in dissen bössen zeytten,
das ich mög thun widerstandt
der argen bösen welt,
die da ist voller arger list,
als ich iez wil erzelen
wie es mir ergangen ist.

2. Mit einem jüngling wilde,
der [machte?] mich gar fröhlich
mit seinem rotten munde,
er thett verfüehren mich,
er gab mir viel der guten wort,
biss er thett bezwingen,
das ich nicht kunt bleyben auf einem ort,
dasselbig thett im gelingen.

3. Sein liebe thett er mir versprechen,
doch auss einem falschen grundt,
mein herz wolt mir zerbrechen,
wann ich nimmer zu im kommen kundt,
das schaffe sein lieblichs vertrawen,
dasselbig er mir beweisen thett,
ietzt thut es in gerewen,
das ers angefangen hatt.

4. Er sprach mit worten behende,
ich im der liebste war,
von mir wolt er sich nicht wenden
so lang ich das leben hett;
darauf er mir hatt geben
seine rechte hande fein,
das es stett vnd fest soll bleiben
vnd nimmer anders sein.

5. Als ich im nuhn thett glauben
den schönen worten vnd der zusag,
ganz lieblich ich im thett sagen
das ich hie nit melden mag,
o weh des grossen elendts,
das ich darnach leydt:
das er sich ganz ab thett wenden
vnd fürt mich am narren seyl.

6. Dardurch ich kam in schmerzen,
in jammer vnd grosse not
kein freüdt hett im herzen,
ich wünscht mir selber den todt:
seine lieb hatt mich vmfangen,
für war ich bin im holdt;
nach im hab ich mehr verlangen,
denn nach sylber vnd rotem goldt.

7. Merkt auf ihr jungfrawen alle:
hüett euch für der jüngling, list!
lasst euch die liebe nicht quellen:
dann sie gar bitter ist.
ihr anfang ist wol süesse:
das endt aber wol betracht,
wann man sich schyden musse,
als dann kompt jammer vnd klag.

 

 

No. 22: Auss argem wahn

1. Auss argem wahn
so heb ich an,
ein jüngling zu beklagen,
ich seufzt vnd klag,
das ich mein tag
nie liebers hab verlohren,
das klag ich sehr
ie lenger ie mher,
das ich dich lieb muss meyden,
bringt mir ein schweres leyden:
herzlieb das klag ich dir,
darumb so hilf du mir!

2. Hilf mir herzlieb
auss aller solcher noth,
gib mir herzlieb
dein trewen rath;
es kompt mir vil
was ich nicht will,
es kompt mir hart,
das ich nicht wart,
es kompt mir nicht her,
das ich beger:
ich bin elendt
vnd ganz vnwerth,
villicht das sich nicht baldt verkert,
vor grossem leydt so muss ich sterben.

3. Gründt meine wort,
du jüngling zart,
dieweyl ich dich muss meyden,
klag sonn vnd mon,
klag laub vnd grass,
klag alles das der himmel beschloss,
klag rösslein fein,
klag kleine waldtvögelein,
klag blüemlin auf der heyden,
klag auch die braune wolgemuth,
ach Gott im himmel
du weyst wie weh mir scheyden thut.
 

 

No. 27: Ein freündtlichs aug zu mir wenken

1. Ein freündtlichs aug zu mir wenken,
nach lust meines herz begier,
wann ich an den liebsten gedencke,
ach Gott wer er bey mir,
ist das nicht ein freündtlichs leben,
herz, muth vnd all mein sinn,
den schönsten, den ich hab ausserlesen:
reicher Gott möcht ich bey im wesen,
er liebet mir ie lenger ie mehr.

2. Wie schwer ist all mein leiden,
wann ich nicht bey im
bin ich gefangen vnd gebunden,
hatt er das herze mein,
ist das nicht ein freündtlichs leben,
herz, muth vnd all mein sinn
in meines herzen grunde,
redt ichs zu aller stunde,
ey, wie möcht mir bass gesein.

3. Kein mensch kann mich nicht trösten,
wenn ich ganz trawrig in,
denn nur der herzallerliebste mein,
leit stetts in meinem sinn,
er ist es den ich meine,
mein herz, muth vnd sinne,
die liebe, die ich zu ihm trag,
soll kein kläffer erfahren,
denn nur der liebste mein.

4. Was achte ich der klaffer zungen,
wann sie mir vnd dir kein schaden thun,
seydt mir vns müssen scheiden,
setz ich meine gedanck darein,
reitestu gleich über die heyden,
allzeytt will ich deiner erbeyten
dessgleichen, thu widerumb gegen mir,
wie ich herzlieb allezeyt thu gegen dir.

 

 

Züricher Liederbuch

 

 No. 1: Ich hab mir außerkohren (The prose format in which the verses are arranged coies the original print)

1. Ich hab mir außerkohren / ein juengling huepsch vnnd fein / von gutem STammen geboren / er so mir der liebste sein / in rechter lieb vnd Trewen / findt er mein hertz bereit / kein dienst soll mich nicht rewen / den ich jm hab erzeigt.

2. Ich that inn offt anblicken / mit manchen seufftzen schwer / Ich that mich zu jhm schmucken / ob ich die liebst wer / ein Eydt het ich geschworen / mein sach wer lauter heil / er het mich außerkoren / fuohrtt mich am Narren seyl.

3. Verborgen trag ich im hertzen / so manchen lieben tag / es thut mich vbel schmerzten wie wol ichs niemandt klag / Die ich so lang bin gewesen / verborgen in seiner gunst / ja wann er nur der gleichen thet / so wers nit als vmb sonst.

4. Ich hab mein trew versprochen / gegen disem Juengling fein / Gott send mir einen Botten / das ich jms halte rein / in aller lieb vnd trewen / ist mein hertz gegen jhm geneigt / kein dienst soll mich nicht rewen / den ich jm hab erzeigt.

5. Laß wandern / laß wandern / ich bin jm vil zu arm / jm Sommer ist gut wandern / scheint vns die Sonn so war / Von jm bin ich vertrungen / bey jhm hab ich kein Glueck / ich hab so lang geflochten / an einem Narren strick.

6. Noch wil ich nicht verzagen / verzagen ist nicht gut / keiner sol mich mehr betriegen / es kompt mir noch zu gut / Kein Vogelin in den luefften / seins gleichen findt man wol / vnnd mag er mir nit werden / drumb ich nicht sterben soll.

7. Er ligt mir stets im hertzen / kompt mir nit auß dem Sinn / er wend mir auch viel schmertzen / wenn ich gedecnk an jhn / Ich gedenck an sein schreiben / das er mir hat gethan / darbey da wil ich bleiben / dieweil ichs leben han.

8. Wer ist der vns das Liedlein sang / von newen gesungen hat / das hat gethan ein Jungfraw gut / an einem abend spat / Sie hats offt wol gesungen / auß frischem freyem Muth / sie ist wol jnnen worden / wie scheyden von der liebe thut.
 

No. 2: DAs ir mich thut verschmaehen

1. DAs ir mich thut verschmaehen / acht ichs zwar nit sehr viel / es kan euch auch geschehen / ihr seyt nicht vbers ziel / merckt auff was ich euch sag / die straff folgt schon hernach / wie auch Narcisso gescach.

2. Der selbig thet verachten / Echo die Jjngfraw zart / deß must ihr Hertz verschmachten / drumb eylt sie zu der fahrt / floh zwischen Berg vnd Thal / wurd zu eim Widerhall / das man noch hoert viel mal.

3. Deß must Narcissus leyden / herwider schwere pein / weil er so vnbescheiden / veracht das Jungfraewlein / das er sah sein gestalt / inn einem Brunne kalt / liebt dieselb mit Gewalt.

4. Sein Augen ließ er schiessen / wol in den Brunnen klar / hofft der gestalt zu geniessen / die doch nur Wasser war / vnnd kondt der schoene Knab / der Lieb nicht kommen ab / biß er seinen Geist auffgab.

5. Wurd er nit auch bezahlet / mit gleicher Muentz fuerwar / dieweil er hett verachtet / die Jungfraw gantz vnd gar / bracht sie in solch elend / drumb strafft ihn Gott behend / das er sein Leben endt.

6. Bitt auch last vnverachtet / mich armes Jungfraewlein / ir tut nur staetig trachen / nach Herrenstandt allein / bin ich zu frieden doch / Wer ich sein gewesen mag / dieselbig bleib ich noch.

7. Wer mit Hoffart ist beladen / vnnd seins gleichen veracht / der fuehrt sich selbst inn schaden / drumb hab ein jeder acht / vnd nem ein warnung bald / an deß Narcissi fahl / mit Echo widerhall.

8. Ihr thut euch offt erzeigen / inn freundlicher gestalt, ist doch ewer Hertz wie Eysen / auch die Lieb gar erkalt / redt freundlich mit dem Mund / geht nicht von herzten grund / merck mich zu aller stundt.

9. Das ir mich nun vernichtet / Juengling auß stoltzem sinn / was ihr damit außrichtet / werdt ihr wol werden inn / fahrt immer hin geschwind /meins gleich ich noch find / Gedult alls vberwindt.

10. Gott wird mich noch wol rechen / bin ich der hoffnung zwar / an dem Juengling so frechen / der mich verachtet gar / bin ich zu ring vnd schlecht / ein weil war ich die recht / jetzund er mich verschmaecht.

11. Weil er mich thut verachten / schlag ichs wol auß dem sinn / vnd solt mein Hertz verschmachten / gleich wie der Eocho geschwind / vnnd will thun widerstand / mit Cupido der Hand / ehe leiden todtes Bandt.

12. Ach jung betruebtes hertze / laß ab von solcher Lieb / mach dir nicht grossen schmertzen / denn sie Fraw Venus uebt / mit Pfeil vnnd Bogen gschwindt / wo sie zwey Liebe findt / die sie alsbaldt entzuendt.

13. Ob ich gleich werd verstossen / von dem Juengling gschwind / dannoch will ich mich massen / dz ich ein ehrlichs Kind / verschmaeh oder veracht / sondern viel mehr betracht / sein ehr vnd Tugendthafft.

14. Fuer allem muß ich preisen / ewer schoenheit vber groß / muß mich auch thun befleissen / O edler Hertzentrost / ewers gleichen lebt nicht auff Erdt / mit Tugendt vnd Geberd / O Edler Juengling werth.

15. Mein Hertz das thut sich sehnen / nach euch bey Tag vnd Nacht / mit meinen Zaehern vnnd Trhenen / hab ich diß Lied gemacht / wuensch euch viel guter stund / ewer Rosenfarber Mund / frewet mich von Hertzen grundt.

16. Wie wee geschach meim hertzen / da ich mein Edlen Hort must sehn mit grossem schmertzen / sprach zu mir nicht ein wort / wandt ab die Euglein sein / geht mir durchs Hertze nein / Ach wee der schweren Pein.

17. Er thut sich von mir wenden / ich leid es mit gedult / thut mich auch groeblich schenden / welchs ich nicht hab verschuldt / O Eyfer du boeses Kraut / wer auff dich helt vnnd bawt / kein andern man nicht trawt.

18. Hiermit will ichs beschliessen / O Juengling Tugendt voll / bitt habt drob kein verdriessen / bedenckt diß Liedlein wol / hab es in eyl gemacht / weil ir mich habt veracht / wuensch euch viel guoter Nacht.
 

 

Anonymous, 15th c., Munich: Cgm 439, 51v-54:
 

No. 3: Die maid preist ihren getreuen

Nach gantzem lust han Ich mich gesellt
Zu einem den han Ich mir auserwellt
Fur all wellt gemein
er liebt mir sicherlich allein
Fur alles das auf erden mag geleben
Sein hertz hat sich gegen Im ergeben
In eren vnd auch IN erbarkeit
Mein hertz Ist Im allzeit bereit
Vnd ist bekomert sere mein sin
Das Ich nit allzeit bei Im pin
Ach got solt Ich In allzeit sehen an
Mir müst alles trawrn vergan
Ich hett von Im freüden also vil
Ich nem es fur alles seitenspil
Er ist mein todt er ist mein leben
Ich hab mich Im zu eigen geben
In trew und In eren
Ich traw das mir es nymant sol verkeren
Das er meins hertzen gewalltig ist
Das thut er sicher on argen list
Wann Ich anders von Im vernem
Das mir vnd mein eren nit gezem
Lieber hett er mir den todt
Wann das ich kein falsche not
Mit Im wöllt treiben
Vnd In auch ymmermer meiden
Ich hab aber sicher von Im nye vernomen
Sider das er liebe hat zu mir gewunnen
Das er keins ye wollt begern
An mir das Ich In solt gewern
Das mir beraubet mein ere
Wenn Ich gedenck desselben recht sere
So muß er mir ymmermer dester lieber sein
Die weil Ich leb auff die trewe mein
Ich hab sicher nye liebers lieb gewunnen
Auff der erden noch vnter der sunnen
Wer mir In wollt leiden
Der wöllt mich von freüden scheiden
Solt Ich eins vmb got begeren
Das er mich gentzlich wollt geweren
Ich pet In das er mich pej Im lies bleiben
Vnd lies mich mein zeit mit Im vertreiben
Es kan aber leider nit gesein
Des leidet mein hertz grosse pein
Vnd hab werlich grosse not
Wann Ich In meide so ist es mein tot
Meiden vnd belangen
Ist erger dann erhangen
Was Ich ye hort von meiden
Noch grosser ist meins hertzen leiden
Ach vnd ach vnd ymer ach
Meiden macht das ich nymer recht erlach
meiden ist ein pitter kraut
Beraubt mich meins hertzen traut
Nach Im hab Ich heimlich leiden
Das macht alles meiden
Ein augenplick dünckt mich eins Jars lang
Ach meiden wie machst du mich so kranck
Vnd han kein grosser clag
Dann das Ich In muß meiden alle tag
Wann es doch nit anders mag gesein
So senet sich doch das hertze mein
Noch seiner lieb vnd gut
Senet sich alles mein gemut
Alles das Ich begynn
So wonet senen mitten Inn
Senen will mich nach Im verderben
Harren ist mein pest erben
Senen hat mich gantz nach Im besessen
Ich kan sein nymmermer vergessen
ich schlaff ich wach oder was Ich tu
So geet mir senen stettigklich zu
Senen macht mich offt kranck
Senen macht mir die weil langk
Vnd hett ich nit hoffnung darzu
vor senen gewünn Ich nymmer ru
Hoffnung nympt mir ab vil schwere
Vnd wenn hoffnung nit were
Mein hertz wer lang verschwunden
vnd hett mich hoffnung nit entpunden
Wan Ich gedecnk vnd gut hoffnung han
So hab Ich stettiglich ein frölichen wan
Vnd hab alle die geperd
Recht als ich pej Im were
Wann es leicht mag sein
Das einem siechen labt das hertze sein
Vnd pin frölich auf der stat
Vnd hab mit meinem hertzen manigen Rat
Vnd gedenck her vnd gedenck hin
Vnd han manchen fremden sin
Wie das Ich zu Im kem
Vnd das Ich sein rede eben vernem
So wer mein hertz freüdenreich
Des hoff Ich tegleich
Vnd wünsch Im alles gut
Got verleich Im ein stetten mut
In rechter lieb vnd stettikeit
Got geb Im glück vnd alle selikeit
Got der las In gesunt
Got thu Im alle freüde kunt
Got las Im nymmer heil zurynnen
Got behüt In vor allen posen dingen
Got behüt IN allen orten
Vnd vor der falschen kleffer worten
Wann Ich des sollt sicher sein
So lide mein hertz dester kleiner pein
Vnd wer verschwunden all mein clag
got geb Im stettikeit alle tag
Wann Ich ye pessers han erfarn
Wan wer sich In stetikeit wil bewarn
Der bleib steet on alles wencken
Nit pessers kan ich erdencken
Wan stetikeit ist ein grosse tugent
Welcher mensch In der Jugent
Sich fleisset an stettikeit zu aller stundt
Dem wirt groß freüde kunt
Wann stettikeit gibt dem hertzen krafft
Dem stetten sol man erzeigen freüntschafft
Vnd alle freüd sol sich an einem meren
Vnstettikeit sol er sich weren
dauon sol ein yeglicher betrachten
Vnd sol dapej gedencken vnd achten
Das Im stettikeit widerfar
Vnd sich mit einer fraw bewar
So wirt er on allen zweifel gewert
Alles das er mit stettem hertzen begert.
 

 

Georg Forster

 

No. 4: Viel Freud nährt mich zu aller Stund

1. Viel Freud nährt mich zu aller Stund,
der mir das gunnt, ist ehrenwert,
Ihm wird zu Teil mein roter Mund.
Oft wird ich gsund, wann er mein gehrt.
So tu ich ja, so tu ich ja, was mir gebührt.
Gen ihm auf Erd mich nicht verführt,
er lebt nicht, der mich anders spürt.

2. Ach H., tröst mich vor aller Welt!
Wem das nit gfällt,
leit mir nit an,
mein Treu hab ich zu ihm gestellt.
Wie er sich hält
gen mir ohn Wohn,
so laß ich mir’s gefallen wohl
und tu nicht anders, dann ich soll.
Mein Herz ist zu ihm Willens voll.

3. Bei ihm ich ganz der Hoffnung bin,
er treib’s auch in,
weich nit der Maß.
Nit weiter steht mein Gmüt noch Sinn,
zeucht mich an ihn,
daran ich’s laß,
er ist der Recht und das ist wahr.
ob ich lebt hunderttausend Jahr,
kein Lieb und Treu an ihm nit spar.

 

No. 5: Mein hertz hat sich mit Lieb verpflicht’t zu dir

1. Mein hertz hat sich mit Lieb verpflicht’t zu dir,
mich irrt auch nicht des Klaffers Dicht,
ob ihm sein’n Hals zerpricht
durch falschen Haß aus bösem Neid
sein giftig Schneid.
Glaub, daß ich dich darumbt meid!
Kein’n Unmut leid,
und wär er noch so gscheit!

2. Du bist meins Gfallens überall
nach Wunsch und rechter Wahl;
Freud ohne Zahl
han ich von dir, zumal
an dir doch gar kein Mangel ist.
Falsch Red ist Mist;
deshalb nicht schafft des Klaffers List
zu keiner Frist,
man weiß wohl, wer er ist.

3. Was Glückes ich ihm wünsch und gann,
des geh den Schwätzer an!
Sein Untreu kann
nit unvergolten stahn,
erscheinen wird in kurzer Zeit.
Wie fast er schreit,
an seinem Plärr mir gar nichts leit,
es felt ihm weit.
Mein Herz sich dir ergeit.

 

No. 8: Hertz liebster man

1. Hertz liebster man
was du wilt han
dz wil auch ich.
mein trew versprich
vnd leb gen dir
nach deiner gir
vnd willen dein
mich halten fein
dz helff mir got
der wol vns behueten wird vor not.

2. Boeß gselschafft fliehe
dich von jn ziehe
einr frembden sach
nit frage nach
was dich nit brendt
laß vngeschend
nachreden meyd
ehr nicht abschneid
biß hel vnnd still
vil schwetzen meyd
das ist mein will.

3. Dein wandel sey
alß tadels frey
dein bett mit zucht
sey vnuerrucht
bewar dein ehr
lauff nit hinher
bleib im hauß
gehe mit mir drauß
es dey den not.
wilt meinen willen thun
halt diß pot.