READING OF MIDDLE HIGH GERMAN TEXTS

by Albrecht Classen, University of Arizona

Original Texts in Middle High German

Copyright: web-based texts

Der von Kürenberg and subsequent texts:
http://www.fh-augsburg.de/~harsch/germanica/Chronologie/d_saec12.html
Nibelungenlied: http://www.mediaevum.de/texte/epik.htm

Der von Kürenberg
ca. 1150/70

Lieder

Minnesangs Frühling II.I.1

«Vil lieben vriunt verkiesen, daz ist schedelîch;
swer sînen vriunt behaltet, daz ist lobelîch. [7,3]
die site wil ich minnen. [7,5]
bite in, daz er mir holt sî, als er hie bevor was, [7,6]
und man in, waz wir redeten, dô ich in ze jungest sach.» [7,8]

Minnesangs Frühling II.I.2

Wes manst dû mich leides, mîn vil liebe liep? [7,10]
unser zweier scheiden müeze ich geleben niet. [7,12]
verliuse ich dîne minne, [7,14]
sô lâze ich diu liute harte wol entstân, [7,15]
daz mîn vröide ist der minnist und alle ándèr [7,17]

Minnesangs Frühling II.II.1

«Léit máchet sorge, vil líebe wünne. [7,19]
eines hübschen ritters gewan ich künde: [7,21]
daz mir den benomen hânt die merker und ir nît, [7,23]
des mohte mir mîn herze níe vrô werden sît.» [7,25]

Minnesangs Frühling II.II.2

«Ich stuont mir nehtint spâte an einer zinne, [8,1]
dô hôrt ich einen rîter vil wol singen [8,3]
in Kürenberges wîse al ûz der menigîn. [8,5]
er muoz mir diu lant rûmen, alder ich geniete mich sîn.» [8,7]

Minnesangs Frühling II.II.3

Jô stuont ich nehtint spâte vor dînem bette, [8,9]
dô getorste ich dich, vrouwe, niwet wecken. [8,11]
«des gehazze got den dînen lîp! [8,13]
jô enwas ich niht ein eber wilde », [. . .] sô sprach daz wîp. [8,15]

Minnesangs Frühling II.II.4

«Swenne ich stân aleine in mînem hemede, [8,17]
únde ích gedenke an dich, ritter edele, [8,19]
sô erblüet sich mîn varwe, als der rôse an dem dórne tuot, [8,21]
und gewinnet daz herze vil manigen trûrìgen muot». [8,23]

Minnesangs Frühling II.II.5

«Ez hât mir an dem herzen vil dicke wê getân, [8,25]
daz mich des geluste, des ich niht mohte hân [8,27]
noch niemer mac gewinnen. daz ist schedelîch. [8,29]

jône mein ich golt noch silber: ez ist den líutèn gelîch.» [8,31]

Minnesangs Frühling II.II.6

«Ich zôch mir einen valken mêre danne ein jâr. [8,33]
dô ich in gezamete, als ich in wolte hân, [8,35]
und ich im sîn gevidere mit golde wol bewant, [9,1]
er huop sich ûf vil hôhe und vlouc in ándèriu lant. [9,3]

Minnesangs Frühling II.II.7

Sît sach ich den valken schône vliegen, [9,5]
er vuorte an sînem vuoze sîdîne riemen, [9,7]
und was im sîn gevidere alrôt guldîn. [9,9]
got sende sî zesamene, die gelíeb wéllen gerne sîn!» [9,11]

Minnesangs Frühling II.II.8

«Ez gât mir vonme herzen, daz ich geweine: [9,13]
ich und mîn geselle müezen uns scheiden. [9,15]
daz machent lügenaere. got der gebe in leit! [9,17]
der uns zwei versuonde, vil wol des waere ich gemeit.» [9,19]

Minnesangs Frühling II.II.9

Wîp víl schoene, nû var dû sam mir. [9,21]
líeb únde leide daz teile ich sant dir. [9,23]
die wîle unz ich daz leben hân, sô bist du mir vil liep. [9,25]
wan minnestu einen boesen, des engán ích dir niet. [9,27]

Minnesangs Frühling II.II.10

Nu brinc mir her vil balde mîn ros, mîn isengewant, [9,29]
wan ich muoz einer vrouwen rûmen diu lant, [9,31]
diu wil mich des betwingen, daz ich ir holt sî. [9,33]
si muoz der mîner minne iemer dárbènde sîn. [9,35]

Minnesangs Frühling II.II.11

«Der tunkel sterne der birget sich, [10,1]
als tuo dû, vrouwe schoene, sô du sehest mich, [10,3]
sô lâ du dîniu ougen gên an einen andern man.[10,5]
sôn weiz doch lützel ieman, wiez under uns zwein ist getân. [10,7]

Minnesangs Frühling II.II.12

Aller wîbe wunne diu gêt noch megetîn. [10,9]
als ich an sî gesende den lieben boten mîn, [10,11]
jô wurbe ichz gerne selbe, waer ez ir schade niet. [10,13]
in weiz, wiez ir gevalle: mír wárt nie wîp als liep. [10,15]

Minnesangs Frühling II.II.13

Wîp unde vederspil diu werdent lîhte zam. [10,17]
swer sî ze rehte lucket, sô suochent sî den man. [10,19]
als warb ein schoene ritter umbe eine vrouwen guot. [10,21]
als ich dar an gedenke, sô stêt wol hôhè mîn muot. [10,23]

Hartmann von Aue

M i n n e l i e d e r
(prior to 1188/96)

XIII

1MF 215,14
Ich muoz von réhte den tac iemer minnen
dô ich die werden von êrst erkande
in süezer zühte mit wîplîchen sinnen.
wol mich, daz ich den muot ie dar bewande!
5Daz schat ir niht und ist mir iemer mêre guot,
wand ich ze gote und ze der welte den muot
deste baz dur ir willen kêre.
sus dinge ich, daz sich mîn vröide noch gemêre.

2MF 215,30
Sich mac mîn lîp von der guoten wol scheiden,
mîn herze, mîn wille muoz bî ir belîben.
sî mac mir leben und vröide wol leiden
dâ bî alle mîne swære vertrîben:
5An ir lît beide mîn liep und mîn leit.
swaz si mîn wil, daz ist ir iemer bereit.
wart ich ie vrô, daz schuof niht wan ir güete.
got sî der ir lîp und êre behüete.

3MF 215,22
Ich schiet von ir, daz ich ir niht enkunde
bescheiden, wie ich si meinde in dem muote.
sît vuogte mir ein vil sælige stunde,
daz ich si vant mir ze heile âne huote.
5Dô ich die werden mit vuoge gesach
und ich ir mîns willen gar verjach,
daz enpfie si mir, daz irs got iemer lône.
si was von kinde und muoz iemer sîn mîn krône.

II

1MF 206,19
Swes vröide an guoten wîben stât
der sol in sprechen wol
und wesen undertân.
daz ist mîn site und ouch mîn rât,
5als ez mit triuwen sol.
daz kan mich niht vervân
An einer stat,
dar ich noch ie genâden bat.
dâ habe ich mich vil gar ergeben
10und wil dar iemer leben.

2MF 206,29
Moht ich der schœnen mînen muot
nâch mînem willen sagen
sô liez ich mînen sanc.
nu ist mîn sælde niht sô guot
5dâ von muoz ich ir klagen
mit sange, daz mich twanc.
Swie verre ich sî [ ],
sô sende ich ir den boten bî,
den sî wol hœret und eine siht:
10der enméldet mîn dâ niht.

3MF 207,1
Ez ist ein klage und niht ein sanc,
daz ich der guoten mite
erniuwe mîniu leit.
die swæren tage sint alze lanc,
5die ich sî gnâden bite
und sî mir doch verseit.
Swer selhen strît,
der kumber âne vröide gît,
verlâzen kunde, des ich niene kan,
10der wære ein sælic man.

XIV

1MF 216,1
«Swes vröide hin ze den bluomen stât,
der muoz vil schiere trûren gegen der swæren zît.
iedoch wirt eines wîbes rât
diu die langen naht bî liebem manne lît.
5Sus wil ouch ich den winter lanc
mir kürzen âne vogelsanc.
sol ich des enhern, dêst âne mînen danc.

2MF 216,8
Die vriunde habent mir ein spil
geteilet vor, dêst beidenthálbèn verlorn:
_ doch ich ir einez nemen wil
âne guot wál, sô wære ez baz verborn _
5Si jehent, welle ich minne pflegen,
so mueze ich mich ir bewegen.
doch sô râtet mir der [ ] muot ze beiden wegen.

Kreuzlieder:

2MF 214,23
Ez ist ein ungelückes gruoz,
der gêt vür aller hande swære,
daz ich von vriunden scheiden muoz,
bî den ich iemer gerne wære.
5Diu nôt von mînen triuwen kumt.
ich enwéiz, ob sî der sêle iht vrumt:
sine gît dem lîbe lônes mê
wan trûren den vil langen tac.
mir tuot mîn stæte dicke wê,
10wand ich mich niht getrœsten mac
der guoten, diu mîn schône pflac.

XVI

1MF 217,14
«Diz wæren wunneclîche tage,
der sî mit vröiden möhte leben.
nu hât mir got ein swære klage
ze dirre schœnen zît gegehen,
5Der mir leider niemer wirdet buoz:
ich hân verlórn éinen man,
daz ich vür wâr wol sprechen muoz
daz wîp nie liebern vriunt gewan.
dô ich sîn pflac, dô vröit er mich:
10nu pflege sîn got, der pfliget sîn baz danne ich.

Gottfried von Strassburg, Tristan, ca. 1210
I
[Prolog]

Gedaehte mans ze guote niht,
von dem der werlde guot geschiht,
sô waere ez allez alse niht,
swaz guotes in der werlde geschiht.
5Der guote man swaz der in guot
und niwan der werlt ze guote tuot,
swer daz iht anders wan in guot
vernemen wil, der missetuot.
Ich hoere es velschen harte vil,
10daz man doch gerne haben wil:
dâ ist des lützelen ze vil,
dâ wil man, des man niene wil.
Ez zimet dem man ze lobene wol,
des er iedoch bedürfen sol,
15und lâze ez ime gevallen wol,
die wîle ez ime gevallen sol.
Tiure unde wert ist mir der man,
der guot und übel betrahten kan,
der mich und iegelîchen man
20nâch sînem werde erkennen kan.
Êre unde lop diu schepfent list,
dâ list ze lobe geschaffen ist:
swâ er mit lobe geblüemet ist,
dâ blüejet aller slahte list.
25Rehte als daz dinc z’unruoche gât,
daz lobes noch êre niene hât,
als liebet daz, daz êre hât
und sînes lobes niht irre gât.
Ir ist sô vil, die des nu pflegent,
30daz si daz guote z’übele wegent,
daz übel wider ze guote wegent:
die pflegent niht, si widerpflegent.

Cunst unde nâhe sehender sin
swie wol diu schînen under in,
35geherberget nît zuo z’in,
er leschet kunst unde sin.
Hei tugent, wie smal sint dîne stege,
wie kumberlîch sint dîne wege!
die dîne stege, die dîne wege,
40wol ime, der si wege unde stege!
Trîbe ich die zît vergebene hin,
sô zîtic ich ze lebene bin,
sône var ich in der werlt sus hin
niht sô gewerldet, alse ich bin.
45Ich hân mir eine unmüezekeit
der werlt ze liebe vür geleit
und edelen herzen z’einer hage,
den herzen, den ich herze trage,
der werlde, in die mîn herze siht.
50ine meine ir aller werlde niht
als die, von der ich hoere sagen,
diu keine swaere enmüge getragen
und niwan in vröuden welle sweben.
die lâze ouch got mit vröuden leben!
55Der werlde und diseme lebene
enkumt mîn rede niht ebene.
ir leben und mînez zweient sich.
ein ander werlt die meine ich,
diu samet in eime herzen treit
60ir süeze sûr, ir liebez leit,
ir herzeliep, ir senede nôt,
ir liebez leben, ir leiden tôt,
ir lieben tôt, ir leidez leben.
dem lebene sî mîn leben ergeben,
65der werlt wil ich gewerldet wesen,
mit ir verderben oder genesen.
ich bin mit ir biz her beliben
und hân mit ir die tage vertriben,
die mir ûf nâhe gêndem leben
70lêre unde geleite solten geben:
der hân ich mîne unmüezekeit
ze kurzewîle vür geleit,
daz sî mit mînem maere
ir nâhe gênde swaere
75ze halber senfte bringe,
ir nôt dâ mite geringe.
wan swer des iht vor ougen hât,
dâ mite der muot z’unmuoze gât,
daz entsorget sorgehaften muot,
80daz ist ze herzesorgen guot.
ir aller volge diu ist dar an :
swâ sô der müezege man
mit senedem schaden sî überladen,
dâ mêre muoze seneden schaden.
85bî senedem leide müezekeit,
dâ wahset iemer senede leit.
durch daz ist guot, swer herzeclage
und senede nôt ze herzen trage,
daz er mit allem ruoche
90dem lîbe unmuoze suoche.
dâ mite sô müezeget der muot
und ist dem muote ein michel guot;
und gerâte ich niemer doch dar an,
daz iemer liebe gernde man
95dekeine solhe unmuoze im neme,
diu reiner liebe missezeme:
ein senelîchez maere
daz trîbe ein senedaere
mit herzen und mit munde
100und senfte sô die stunde.
Nû ist aber einer jehe ze vil,
der ich vil nâch gevolgen wil:
der senede muot sô der ie mê
mit seneden maeren umbe gê,
105sô sîner swaere ie mêre sî.
der selben jehe der stüende ich bî,
wan ein dinc, daz mir widerstât:
swer inneclîche liebe hât,
doch ez im wê von herzen tuo,
110daz herze stêt doch ie dar zuo.
der inneclîche minnen muot,
sô der in sîner senegluot
ie mêre und mêre brinnet,
sô er ie sêrer minnet.
115diz leit ist liebes alse vol,
daz übel daz tuot sô herzewol,
daz es kein edele herze enbirt,
sît ez hie von geherzet wirt.
ich weiz es wârez alse den tôt
120und erkenne ez bî der selben nôt:
der edele senedaere
der minnet senediu maere.
von diu swer seneder maere ger,
der envar niht verrer danne her.
125ich wil in wol bemaeren
von edelen senedaeren,
die reiner sene wol tâten schîn:
ein senedaere unde ein senedaerîn,
ein man ein wîp, ein wîp ein man,
130Tristan Isolt, Isolt Tristan.
Ich weiz wol, ir ist vil gewesen,
die von Tristande hânt gelesen;
und ist ir doch niht vil gewesen,
die von im rehte haben gelesen.
135Tuon aber ich diu gelîche nuo
und schepfe mîniu wort dar zuo,
daz mir ir iegelîches sage
von disem maere missehage,
so wirbe ich anders, danne ich sol.
140ich entuon es niht: sî sprâchen wol
und niwan ûz edelem muote
mir unde der werlt ze guote.
binamen si tâten ez in guot.
und swaz der man in guot getuot,
145daz ist ouch guot und wol getân.
aber als ich gesprochen hân,
daz sî niht rehte haben gelesen,
daz ist, als ich iu sage, gewesen:
sîne sprâchen in der rihte niht,
150als Thômas von Britanje giht,
der âventiure meister was
und an britûnschen buochen las
aller der lanthêrren leben
und ez uns ze künde hât gegeben.
155Als der von Tristande seit,
die rihte und die wârheit
begunde ich sêre suochen
in beider hande buochen
walschen und latînen
160und begunde mich des pînen,
daz ich in sîner rihte
rihte dise tihte.
sus treip ich manege suoche,
unz ich an eime buoche
165alle sîne jehe gelas,
wie dirre âventiure was.
waz aber mîn lesen dô waere
von disem senemaere,
daz lege ich mîner willekür
170allen edelen herzen vür,
daz sî dâ mite unmüezic wesen.
ez ist in sêre guot gelesen.
guot? jâ, inneclîche guot.
ez liebet liebe und edelet muot,
175ez staetet triuwe und tugendet leben,
ez kan wol lebene tugende geben;
wan swâ man hoeret oder list,
daz von sô reinen triuwen ist,
dâ liebent dem getriuwen man
180triuwe und ander tugende van:
liebe, triuwe, staeter muot,
êre und ander manic guot,
daz geliebet niemer anderswâ
sô sêre noch sô wol sô dâ,
185dâ man von herzeliebe saget
und herzeleit ûz liebe claget.
liebe ist ein alsô saelic dinc,
ein alsô saeleclîch gerinc,
daz nieman âne ir lêre
190noch tugende hât noch êre.
sô manec wert leben, sô liebe vrumet,
sô vil sô tugende von ir kumet,
owê daz allez, daz der lebet,
nâch herzeliebe niene strebet,
195daz ich sô lützel vinde der,
die lûterlîche herzeger
durch vriunt ze herzen wellen tragen
niwan durch daz vil arme clagen,
daz hie bî z’etelîcher zît
200verborgen in dem herzen lît!
War umbe enlite ein edeler muot
niht gerne ein übel durch tûsent guot,
durch manege vröude ein ungemach?
swem nie von liebe leit geschach,
205dem geschach ouch liep von liebe nie.
liep unde leit diu wâren ie
an minnen ungescheiden.
man muoz mit disen beiden
êre unde lop erwerben
210oder âne sî verderben.
von den diz senemaere seit,
und haeten die durch liebe leit,
durch herzewunne senedez clagen
in einem herzen niht getragen,
215sone waere ir name und ir geschiht
sô manegem edelen herzen niht
ze saelden noch ze liebe komen.
uns ist noch hiute liep vernomen,
süeze und iemer niuwe
220ir inneclîchiu triuwe
ir liep, ir leit, ir wunne, ir nôt;
al eine und sîn si lange tôt,
ir süezer name der lebet iedoch
und sol ir tôt der werlde noch
225ze guote lange und iemer leben,
den triuwe gernden triuwe geben,
den êre gernden êre:
ir tôt muoz iemer mêre
uns lebenden leben und niuwe wesen;
230wan swâ man noch hoeret lesen
ir triuwe, ir triuwen reinekeit,
ir herzeliep, ir herzeleit,
Deist aller edelen herzen brôt.
hie mite sô lebet ir beider tôt.
235wir lesen ir leben, wir lesen ir tôt
und ist uns daz süeze alse brôt.
Ir leben, ir tôt sint unser brôt.
sus lebet ir leben, sus lebet ir tôt.
sus lebent si noch und sint doch tôt
240und ist ir tôt der lebenden brôt.
Und swer nu ger, daz man im sage
ir leben, ir tôt, ir vröude, ir clage,
der biete herze und ôren her:
er vindet alle sîne ger.

XVII
[Das Liebesgeständnis]
11875
Die kiele stiezen aber an
und vuoren vrôlîche dan,
wan alse vil daz Minne
zwei herze dar inne
von ir strâze haete brâht.
11880
diu zwei diu wâren verdâht,
bekumberet beide
mit dem lieben leide,
daz solhiu wunder stellet.
daz honegende gellet,
11885
daz süezende siuret,
daz touwende viuret,
daz senftende smerzet,
daz elliu herze entherzet
und al die werlt verkêret.
11890
daz haete sî versêret,
Tristanden unde Îsôte.
si twanc ein nôt genôte
und in seltsaener ahte:
ir dewederez enmahte
11895
gehaben ruowe noch gemach,
wan sô ez daz andere sach.
sô s’aber ein ander sâhen,
daz gieng in aber nâhen,
wan sî enmohten under in zwein
11900
ir willen niht gehaben in ein.
daz geschuof diu vremede und diu scham,
diu in ir wunne benam.
so s’eteswenne tougen
mit gelîmeten ougen
11905
ein ander solten nemen war,
sô wart ir lîch gelîche var
dem herzen unde dem sinne.
Minne die verwaerinne
die endûhte es niht dâ mite genuoc,
11910
daz man s’in edelen herzen truoc
verholne unde tougen,
sine wolte under ougen
ouch offenbaeren ir gewalt.
der was an in zwein manicvalt.
11915
unlange in ein ir varwe schein.
ir varwe schein unlange in ein.
si wehselten genôte
bleich wider rôte;
si wurden rôt unde bleich,
11920
als ez diu Minne in understreich.
hie mite erkande ietwederez wol,
als man an solhen dingen sol,
daz eteswaz von minnen
in ietwederes sinnen
11925
zem anderen was gewant,
unde begunden ouch zehant
lieplîche in ein gebâren,
zît unde state vâren
ir rûne unde ir maere.
11930
der minnen wildenaere
leiten ein ander dicke
ir netze unde ir stricke,
ir warte unde ir lâge
mit antwürte und mit vrâge.
11935
si triben vil maere under in.
Îsôte rede und ir begin
daz was vil rehte in megede wîs.
si kam ir trût und ir amîs
alumbe her von verren an.
11940
von ende mante s’in her dan,
wie er ze Develîne
in einem schiffelîne
gevlozzen wunt und eine kam,
wie in ir muoter an sich nam
11945
und wie s’in ouch generte.
von allem dem geverte,
wie si selbe in sîner pflege
schrîben lernete alle wege,
latîne unde seitspil.
11950
der umberede der was vil,
die s’ime vür ougen leite
von sîner manheite
und ouch von dem serpande.
und wie s’in zwirnt erkande
11955
in dem mose und in dem bade.
diu rede was under in gerade,
si seite ime und er seite ir.
«â» sprach Îsôt «dô ez sich mir
ze alsô guoten staten getruoc,
11960
daz ich iuch in dem bade niht sluoc,
got hêrre, wie gewarb ich sô!
daz ich nu weiz, wiste ich ez dô,
binamen sô waere ez iuwer tôt.»
«war umbe» sprach er «schoene Îsôt?
11965
waz wirret iu? waz wizzet ir?»
«swaz ich weiz, daz wirret mir.
swaz ich sihe, daz tuot mir wê.
mich müejet himel unde sê.
lîp unde leben daz swaeret mich.»
11970
si stiurte unde leinde sich
mit ir ellebogen an in.
daz was der belde ein begin.
ir spiegelliehten ougen
diu volleten tougen.
11975
ir begunde ir herze quellen,
ir süezer munt ûf swellen,
ir houbet daz wac allez nider.
ir vriunt begunde ouch sî dar wider
mit armen umbevâhen,
11980
ze verre noch ze nâhen,
niwan in gastes wîse.
er sprach suoze unde lîse:
«ei schoene süeze, saget mir:
waz wirret iu, waz claget ir?»
11985
Der Minnen vederspil Îsôt,
«lameir» sprach sî «daz ist mîn nôt,
lameir daz swaeret mir den muot,
lameir ist, daz mir leide tuot.»
dô sî lameir sô dicke sprach,
11990
er bedâhte unde besach
anclîchen unde cleine
des selben wortes meine.
sus begunde er sich versinnen,
l’ameir daz waere minnen,
11995
l’ameir bitter, la meir mer.
der meine der dûhte in ein her.
er übersach der drîer ein
unde vrâgete von den zwein.
er versweic die minne,
12000
ir beider vogetinne,
ir beider trôst, ir beider ger.
mer unde sûr beredete er.
«ich waene» sprach er «schoene Îsôt,
mer unde sûr sint iuwer nôt.
12005
iu smecket mer unde wint.
ich waene, iu diu zwei bitter sint?»
«nein hêrre, nein! waz saget ir?
der dewederez wirret mir,
mirn smecket weder luft noch sê.
12010
lameir al eine tuot mir wê.»
dô er des wortes z’ende kam,
minne dar inne vernam,
er sprach vil tougenlîche z’ir:
«entriuwen, schoene, als ist ouch mir,
12015
lameir und ir, ir sît mîn nôt.
herzevrouwe, liebe Îsôt,
ir eine und iuwer minne
ir habet mir mîne sinne
gâr verkêret unde benomen,
12020
ich bin ûzer wege komen
sô starke und alsô sêre:
in erhol mich niemer mêre.
mich müejet und mich swaeret,
mir swachet unde unmaeret
12025
allez, daz mîn ouge siht.
in al der werlde enist mir niht
in mînem herzen liep wan ir.»
Îsôt sprach: «hêrre, als sît ir mir.»
Dô die gelieben under in
12030
beide erkanden einen sin,
ein herze und einen willen,
ez begunde in beidiu stillen
und offenen ir ungemach.
ietwederez sach unde sprach

12035
daz ander beltlîcher an:
der man die maget, diu maget den man.
vremede under in diu was dô hin.
er kuste sî und sî kust in
lieplîchen unde suoze.
12040
daz was der minnen buoze
ein saeleclîcher anevanc.
ietwederez schancte unde tranc
die süeze, diu von herzen gie.
sô sî die state gewunnen ie,
sô gie der wehsel under in
slîchende her unde hin….

Walther von der Vogelweide

“Mädchenlieder” from ca. 1205

IL 39,11
«Under der linden
an der heide,
dâ unser zweier bette was,
dâ mugt ir vinden
5schône beide
gebrochen bluomen unde gras.
vor dem walde in einem tal,
tandaradei,
schône sanc diu nahtegal.

IIL 39,20
Ich kam gegangen
zuo der ouwe,
dô was mîn friedel komen ê.
dâ wart ich enpfangen,
5hêre frouwe,
daz ich bin sælic iemer mê.
kuster mich? wol tûsent stunt,
tandaradei,
seht wie rôt mir ist der munt.

IIIL 40,1
Dô hât er gemachet
alsô rîche
von bluomen eine bettestat.
des wirt noch gelachet
5inneclîche,
kumt iemen an daz selbe pfat.
bî den rôsen er wol mac,
tandaradei,
merken wâ mirz houbet lac.

IVL 40,10
Daz er bî mir læge,
wessez iemen
(nû enwelle got!), sô schamt ich mich.
wes er mit mir pflæge,
5niemer niemen
bevinde daz wan er und ich
und ein kleinez vogellîn,
tandaradei,
daz mac wol getriuwe sîn.»

IL 49,25

Herzeliebez frouwelîn,
got gebe dir hiute und iemer guot!
kund ich baz gedenken dîn,
des hete ich willeclîchen muot.
5waz mac ich nû sagen mê,
wan daz dir nieman holder ist? owê, dâ von ist mir vil wê.

IIL 49,31
Si verwizent mir, daz ich
zuo nider wende mînen sanc.
daz si niht versinnent sich,
waz minne sî, des haben undanc!
5sie getraf diu liebe nie,
die nâch dem guote und nâch der schœne minnent; wê, wie
minnent die?

IIIL 50,1
Bî der schœne ist dicke haz,
ze der schœne niemen sî ze gâch.
liebe tuot dem herzen baz,
der liebe gêt diu schœne nâch.
5liebe machet schœne wîp,
des mac diu schœne niht getuon, si machet niemer lieben lîp.

IVL 50,7
Ich vertrage, als ich vertruoc
und als ich iemer wil vertragen.
dû bist schœne und hâst genuoc,
waz mugen si mir dâ von sagen?
5swaz si sagen, ich bin dir holt,
und nim dîn glesin vingerlîn für einer küneginne golt.

VL 50,13
Hâst dû triuwe und stætekeit,
sô bin ich des ân angest gar,
daz mir iemer herzeleit
mit dînem willen widervar.
5hâst aber dû der zweier niht,
so müezest dû min niemer werden. owê danne, ob daz geschiht!

IL 74,20
«Nemt, frouwe, disen kranz»,
alsô sprach ich zeiner wol getânen maget.
«sô zieret ir den tanz,
mit den schœnen bluomen, als irs ûfe traget.
5het ich vil edele gesteine,
daz müest ûf iuwer houbet,
ob ir mirs geloubet.
sêt mîne triuwe, daz ichz meine.»

IIL 75,9
«Ir sît sô wol getân,
daz ich iu mîn schapel gerne geben wil,
so ichz aller beste hân.
wîzer unde rôter bluomen weiz ich vil,
5die stênt sô verre in jener heide.
dâ si schône entspringent
und die vogele singent,
dâ suln wir si brechen beide.»

IIIL 74,28
Si nam daz ich ir bôt,
einem kinde vil gelîch, daz êre hât.
ir wangen wurden rôt,
sam diu rôse, dâ si bî liljen stât.
5des erschampten sich ir liehten ougen:
dô neic si mir schône.
daz wart mir ze lône:
wirt mirs iht mêr, daz trage ich tougen.

IVL 75,17
Mich dûhte daz mir nie
lieber wurde, danne mir ze muote was.
die bluomen vielen ie
von dem boume bî uns nider an daz gras.
5seht, dô muost ich von fröiden lachen.
do ich sô wünneclîche
was in troume rîche,
dô taget ez und muos ich wachen.

VL 75,1
Mir ist von ir geschehen,
daz ich disen sumer allen meiden muoz
vast under diu ougen sehen:
lîhte wirt mir einiu, so ist mir sorgen buoz.
5waz obe si gêt an disem tanze?
«frouwe, dur iur güete
rucket ûf die hüete.»
owê, gesæhe ichs under kranze!

IL 75,25
Diu werlt was gelf, rôt unde blâ,
grüene in dem walde und anderswâ,
die kleine vogele sungen dâ,
nû schrîet aber diu nebelkrâ.
5phligt si iht ander varwe? jâ,
sist worden bleich und übergrâ.
des rimphet sich vil manic brâ.

IIL 75,32
Ich saz ûf eime grüenen lê,
dâ ensprungen bluomen unde klê,
zwischen mir und eime sê.
der ougenweide ist dâ niht mê.
5dâ wir schapel brâchen ê,
dâ lît nû rîfe und ouch der snê.
daz tuot den vogellînen wê.

IIIL 76,1
Die tôren sprechent «snîâ snî»,
die armen liute «owê owî».
des bin ich swære alsam ein blî.
der wintersorge hân ich drî:
5swaz der under andern sî,
der wurde ich alse schiere frî,
wær uns der sumer nâhe bî.

IVL 76,8
Ê danne ich lange lebt alsô,
den krebz wolte ich ê ezzen rô.
sumer, mache uns aber frô,
dû zierest anger unde lô.

5mit den bluomen spilt ich dô,
mîn herze swebt in sunnen hô,
daz jaget der winter in ein strô.

VL 76,15
Ich bin verlegen als ein sû,
mîn sleht hâr ist mir worden rû.
süezer sumer, wâ bist dû?
jâ sæhe ich gerner veltgebû,
5ê daz ich lange in selher drû
beklemmet wære, als ich bin nû,
ich wurde ê münch ze Toberlû.

“Sangspruchgedichte” (political, didactic poems)

L 8,4
Ich saz ûf eime steine
dô dahte ich bein mit beine,
dar ûf satzt ich mîn ellenbogen;
ich hete in mîne hant gesmogen
5daz kinne und ein mîn wange.
dô dâhte ich mir vil ange,
wie man zer welte solte leben.
deheinen rât kond ich gegeben,
wie man driu dinc erwurbe,
10der keines niht verdurbe.
diu zwei sint êre und varnde guot,
daz dicke ein ander schaden tuot.
daz dritte ist gotes hulde,
der zweier übergulde.
15die wolte ich gerne in einen schrîn:
jâ leider desn mac niht gesîn,
daz guot und weltlich êre
und gotes hulde mêre
zesamene in ein herze komen.
20stîg unde wege sint in benomen;
untriuwe ist in der sâze,
gewalt vert ûf der strâze,
fride unde reht sint sêre wunt.
diu driu enhabent geleites niht,
25diu zwei enwerden ê gesunt.

IIL 8,28
Ich hôrte ein wazzer diezen
und sach die vische fliezen,

ich sach swaz in der welte was,
velt, walt, loup, rôr unde gras.
5swaz kriuchet unde fliuget
und bein zer erde biuget,
daz sach ich, unde sage iu daz:
der keinez lebet âne haz.
daz wilt und daz gewürme
10die strîtent starke stürme,
sam tuont die vogel under in;
wan daz si habent einen sin:
si dûhten sich ze nihte,
si enschüefen starc gerihte.
15si kiesent künege unde reht,
si setzent hêrren unde kneht.
sô wê dir, tiuschiu zunge,
wie stêt dîn ordenunge!
daz nû diu mugge ir künec hât,
20und daz dîn êre alsô zergât.
bekêrâ dich, bekêre,
die cirkel sint ze hêre,
die armen künege dringent dich:
Philippe setze den weisen ûf,
25und heiz si treten hinder sich!

IIIL 9,16
Ich sach mit mînen ougen
man unde wîbe tougen,
daz ich gehôrte und gesach
swaz iemen tet, swaz iemen sprach.
5ze Rôme hôrte ich liegen
und zwêne künege triegen.
dâ von huop sich der meiste strît
der ê was oder iemer sît,
dô sich begunden zweien
10die pfaffen unde leien.
daz was ein nôt vor aller nôt,
lîp unde sêle lac dâ tôt.
die pfaffen striten sêre,
doch wart der leien mêre.
15diu swert diu leiten si dernider,
und griffen zuo der stôle wider:
si bienen die si wolten,
und niht den si solten.
dô stôrte man diu goteshûs.
20ich hôrte verre in einer klûs
vil michel ungebære.
dâ weinte ein klôsenære,
er klagete gote siniu leit,
«owê der bâbest ist ze junc,
25hilf, hêrre, dîner kristenheit.»

Nibelungenlied

Ca. 1200

1. Aventiure

1 Uns ist in alten mæren wunders vil geseit
von helden lobebæren, von grôzer arebeit,
von fröuden, hôchgezîten, von weinen und von klagen,
von küener recken strîten muget ir nu wunder hœren sagen.

2 Ez wuohs in Búrgónden ein vil édel magedîn,
daz in allen landen niht schœners mohte sîn,
Kriemhilt geheizen: si wart ein scœne wîp.
dar umbe muosen degene vil verlíezén den lîp.

3 Der minneclîchen meide triuten wol gezam.
ir muoten küene recken, niemen was ir gram.
âne mâzen schœne sô was ir edel lîp.
der juncvrouwen tugende zierten ándériu wîp.

4 Ir pflâgen drîe künege edel unde rîch,
Gunther unde Gêrnot, di recken lobelîch,
und Gîselher der junge, ein ûz erwelter degen.
diu frouwe was ir swester, di fürsten hetens in ir pflegen.

5 Die herren wâren milte, von arde hôh erborn,
mit kraft unmâzen küene, di recken ûz erkorn.
dâ zen Búrgónden sô was ir lant genant.
si frumten starkiu wunder sît in Etzélen lant.

6 Ze Wormez bî dem Rîne si wonten mit ir kraft.
in diente von ir landen vil stolziu ritterscaft
mit lobelîchen êren unz an ir endes zît.
si stúrben sît jæmerlîche von zweier edelen frouwen nît.

7 Ein rîchiu küneginne, frou Uote ir muoter hiez.
ir vater der hiez Dancrât, der in diu erbe liez
sît nâch sîme lebene, ein ellens rîcher man,
der ouch in sîner jugende grôzer êren vil gewan.

8 Die drîe künege wâren, als ich gesaget hân,
von vil hôhem ellen. in wâren undertân
ouch di besten recken, von den man hât gesaget,
stárc únd vil küene, in scarpfen strîten unverzaget.

9 Daz was von Tronege Hagene und ouch der bruoder sîn,
Dancwart der vil snelle, von Metzen Ortwîn.
di zwêne marcgrâven Gêre und Ekkewart,
Volkêr von Alzeye, mit ganzem ellen wol bewart.

10 Rúmolt der kúchenmeister, ein ûz erwelter degen,
Sindolt und Hûnolt, dise hérren muosen pflegen,
des hoves unt der êren, der drîer künege man.
si heten noch manegen recken, des ich genennen niene kan.

11 Dancwart der was marscalk, dô was der neve sîn
trúhsæze des küneges, von Metzen Ortwîn.
Sindolt der was scenke, ein ûz erwelter degen.
Hûnolt was kámerære. si kunden hôher êren pflegen.

12 Von des hoves krefte und von ir wîten kraft,
von ir vil hôhen werdekeit und von ir ritterscaft,
der di herren pflâgen mit vröuden al ir leben,
des enkunde iu ze wâre niemen gar ein ende geben.

13 In disen hôhen êren tróumte Kriemhildè,
wie si züge einen valken, stárc scoen’ und wìldè,
den ir zwêne arn erkrummen. daz si daz muoste sehen:
ir enkúnde in dirre werlde leider nímmér gescehen.

14 Den troum si dô sagete ir muoter Uotèn.
sine kúndes niht besceiden baz der gúotèn:
“der valke den du ziuhest, daz ist ein edel man.
in welle got behüeten, du muost in sciere vloren hân.”

15 “Waz saget ir mir von manne, viel liebiu muoter mîn?
âne recken minne sô wil ich immer sîn.
sus scoen’ ich wil belîben unz an mînen tôt,
daz ich von mannes minne sol gewinnen nimmer nôt.”

16 “Nu versprích ez niht ze sêre,” sprach aber ir muoter dô.
“soltu immer herzenlîche zer werlde werden vrô,
daz gesciht von mannes minne. du wirst ein scoene wîp,
ob dir noch got gefüeget eins rehte guoten ritters lîp.”

17 “Die rede lât belîben,” sprach si, “frouwe mîn.
ez ist an manegen wîben vil dicke worden scîn
wie liebè mit leide ze jungest lônen kan.
ich sol si mîden beide, sone kán mir nimmer missegân.”

18 Kriemhilt in ir muote sich minne gar bewac.
sît lebte diu vil guote vil manegen lieben tac,
daz sine wesse niemen den minnen wolde ir lîp.
sît wart si mit êren eins vil küenen recken wîp.

19 Der was der selbe valke, den si in ir troume sach,
den ir besciet ir muoter. wi sêre si daz rach
an ir næhsten mâgen, die in sluogen sint!
durch sîn eines sterben starp vil maneger muoter kint.

Wolfram von Eschenbach

Titurel ca. 1220

Except from Fragment I:

1Dô sich der starke Tyturel mohte gerüeren,
er getorste wol sich selben unt die sîne in sturme gefüeren:
sît sprach er in alter “ich lerne
daz ich schaft muoz lâzen: des phlac ich etwenne schône und gerne.

2Möht ich getragen wâppen,” sprach der genende,
“des solt der luft sîn gêret von spers krache ûz mîner hende:
sprîzen gæben schate vor der sunnen.
vil zimierde ist ûf helmen von mînes swertes eke enbrunnen.

3Obe ich von hôher minne ie trôst enphienge,
und op der minnen süeze ie sælden kraft an mir begienge,
wart mir ie gruoz von minneclîchem wîbe,
daz ist nu gar verwildet mînem seneden klagendem lîbe.

4Mîn sælde, mîn kiusche, mit sinnen mîn stæte,
und op mîn hant mit gâbe oder in sturme ie hôhen prîs getæte,
daz mac niht mîn junger art verderben:
jâ muoz al mîn geslähte immer wâre minn mit triwen erben.

5Ich weiz wol, swen wîplîchez lachen enphæhet,
daz imêre kiusche unde stætekeit dem herzen næhet.
diu zwei kunnen sich dâ niht gevirren,
wan mit dem tôde al eine: anders kan daz niemen verirren.

6Dô ich den grâl enphienc von der botschefte
die mir der engel hêre . . . . enbôt mit sîner hôhen krefte,
dâ vant ich geschriben al mîn orden.
diu gâbe was vor mir nie menneschlîcher hende worden.

7Des grâles hêrre muoz sîn kiusche unde reine.
ôwê, süezer sun Frimutel, ich hân niht wan dich al eine
mîner kinde hie behabet dem grâle.
nu enphâch des grâles krône un den grâl, mîn sun der lieht gemâle.

8Sun, du hâst bî dînen zîten schiltes ambet
geurbort hurteclîchen. dîn rat was aldâ verklambet:
ûz der rîterschaft muos ich dich ziehen.
nu wer dich, sun, al eine: mîn kraft diu wil uns beiden enphliehen.

9Got hât dich, sun, berâten fünf werder kinde:
diu sint och hie dem grâle ein vil sælec werdez ingesinde.
Anfortas und Trevrezent der snelle,
ich mac geleben daz ir prîs wirt vor anderm prîse der helle.

10Dîn tohter Schoysîâne in ir herze besliuzet
sô vil der guoten dinge, dês diu werlt an sælden geniuzet:
Herzelöude hât den selben willen:
Urrepanse de schoyen lop mac ander lop niht gestillen.”

11Dise rede hôrten rîter unde frouwen.
man mohte an templeisen manges herzen jâmer schouwen,
die er dicke brâhte ûz manger herte,
swenn er den grâl mit sîner hant und mit ir helfe rîterlîchen werte.

12Sus was der starke Titurel worden der swache,
beidiu von grôzem alter und von siecheite ungemache.
Frimutel besaz dâ werdeclîche
den grâl ûf Muntsalvâtsche: daz was der wunsch ob irdeschem rîche.

13Dem wâren sîner tohter zwuo von den jâren,
daz si gein hôher minne an vriundes arm volwahsen wâren.
Schoysîânen minne schône gerte
vil künge ûz mangen landen; des si doch einen fürsten gewerte.

14Kîôt ûz Katelangen erwarp Schoysîânen.
schœner maget wart nie gesehen sît noch ê bî sunnen noch bî mânen.
ouch het er manger tugende genozzen:
sîn herze was gein hôhem prîs ie der kost und der tât unverdrozzen.

15Si wart im schône brâht und rîlîche enphangen.
der künec Tampunteire, sîn bruoder, kom ouch ze Katelangen.
rîche fürsten ungezalt dâ wâren:
sô kosteclîche hôchgezît gesach noch nie man bî mangen jâren.

16Kîôt, des landes hêrre, prîs het erworben
mit milte und ouch mit ellen: sîn tât was vil unverdorben,
swâ man hurteclîche solte strîten
unde ouch durch der wîbe lôn gezimieret gein der tjoste rîten.

17Gewan ie fürste lieber wîp, waz der dolte
der herzenlîchen wünne, als ez diu minne an in bêden wolte!
ôwê des, nu nâhet im sîn trûren.
sus nimet diu werlt ein ende: unser aller süeze am orte ie muoz sûren.

18Sîn wîp in ze rehter zît gewerte eins kindes.
daz mich got erlâze in mînem hûs eins solhen ingesindes,
daz ich alsô tiure müese gelten!
die wîle ich hân die sinne, sô wirt es von mir gewünschet selten.

19Diu süeze Schoysîâne, diu clâre und diu stæte,
gebar mit tôde eine tohter diu vil sælden hæte.
an der wart elliu magtlîch êre enstanden:
diu phlac sô vil triuwen, die man von ir noch saget in manegen landen.

20Sus was des fürsten leit mit liebe underscheiden:
sîn jungiu tohter lebte, ir muoter tôt, daz heter an in beiden.
Schoysîânen tôt half im ûz borgen
die flust an rehten fröuden und gewin immer mêre an den sorgen.

Excerpts from Fragment II:

132Sus lâgen si unlange: do gehôrten sie schiere,
in heller süezer stimme ûf rôtvarwer vert nâch wundem tiere
ein bracke kom hôchlûtes zuo zin jagende.
der wart ein wîle gehalden ûf: des bin ich durh friunde noch die klagende.

133Dô si den walt alsus mit krache hôrten erhellen,
Schîonatulander ûz kintlîchem leben für die snellen
was bekant; wan Trefrezent der reine
der lief und spranc allen den vor, die des phlâgn ûf rîters gebeine.

134Nu dâhter “obe den hunt iemen mac erloufen,
rîterlîchiu bein die trage.” er wil . . . fröude verkoufen
unde ein stætez trûren dran enphâhen.
ûf spranc er gein der stimme, als er wolte den bracken ergâhen.

135Sît in den wîten walt niht mohte gekêren
daz flühtege wilt, wan her für den talfîn, daz wil sîn arbeit gemêren:
künftec trûren brâhtez im ze teile.
nu dacter sich in einer dicken strut: sus kom jagende an dem seile

136Des fürsten bracke, dem er enphuor ûz der hende
nider ûf diu strâlsnitec mâl. daz si nimmer hunt mêre gesende,
diu in dâ dem grôz gemuoten sande,
von dem er jagte unze ûf den [stolzen Grahardeiz], daz dem vil hôher
fröuden sît erwande.

137Dô er dur die dicke alsus brach ûf der verte,
sîn halse was arâbensch ein borte geslagen mit der drîhen [vil] herte,
dar ûfe kôs man tiure und lieht gesteine:
die glesten [durh den walt] sam diu sunne. aldâ vienc er den bracken niht eine.

138Waz er mit dem bracken begreif, lât ez iu nennen.
gefurrierten kumber mit arbeit er muose unverzagetlîche erkennen,
und immer mêr grôz kriegen et nâch strîte.
daz bracken seil was rehte im ein urhap fröuden flustbærer zîte.

139Er truoc den hunt ame arme Sigûnen der clâren.
daz seil was wol zwelf klâfter lanc, die von vier varwe bortesîden wâren,
gel, grüene, rôt, brûn diu vierde,
immer swâ diu spanne erwant an ein ander geworht mit gezierde.

140Dar über lâgen ringe mit berlen verblenket;
immer zwischenn ringen wol spanne lanc, niht mit stein verkrenket,
vier blat, viervar wol vingers breit die mâze.
gevâhe ich immer hunt an sölch seil, ez blîbt bî mir, swenn ih in lâze.

141Sô manz von ein ander vielt, zwischenn ringen
ûze und innen kôs man dran schrift wol mit kosteclîchen dingen.
aventiure hœrt, obe ir gebietet.
mit guldîn nagelen wâren die steine vaste an die strange genietet.

142Smârâde wârn die buochstabe, mit rubîn verbundet:
adamant, krisolte, grânât dâ stuonden. nie seil baz gehundet
wart, ouch was der hunt vil wol geseilet:
ir muget wol râten, welhez ich dâ næme, op wære der hunt dergegene geteilet.

143Uf einem samît grüene als in meigeschem walde
was diu halse ein borte genæt, vil stein von arde manecvalde
drûf geslagen: die schrift ein frouwe lêrte.
Gardevîaz hiez der hunt: daz kiut tiuschen Hüete der verte.

144Diu hezogîn Sigûne las anvanc der mære.
“swie ditze sî ein bracken name, daz wort is den werden gebære.
man und wîp, die hüeten verte schône,
die varent hie in der werlde gunst, und wirt in dort sælde ze lône.”

145Si las mêr an der halsen, noch niht an dem seile.
“swer wol verte hüeten kan, des prîs wirt getragen nimmer veile:
der wonet in lûterem herzen sô gestarket,
daz in nimmer ouge ersiht ûf dem unstæten wenkenden market.”

146Der bracke unde daz seil einem fürsten durch minne
wart gesant: daz was von art under krône ein jungiu küneginne.
Sigûn las an des seiles underscheide,
wer was diu künginne unde ouch der fürste: diu stuonden bekantlîch dâ beide.

147Si was von Kanadic erboren, ir swester, Flôrîen,
diu Ilinôte dem Britûn ir herze, [ir] gedanc und [ir] lîp gap ze âmîen,
gar swaz si hete, wan bî ligende minne:
si zôch [von kinde] unze an schiltlîch vart und kôs in für alle gewinne.

148Der holt ouch nâch ir minne under helm sîn ende.
obe ich niht bræche mîne zuht, ich solte noch fluochen der hende
diu die tjost ûf sînen tôt dar brâhte.
Flôrî starp ouch der selben tjost, doch ir lîp nie speres orte genâhte.

149Diu liez eine swester, diu erbet ir krône.
Clauditte hiez diu selbe maget: der gap kiusche unde ir güet ze lône
des vrömden lop und ouch der si bekande.
des wart ir prîs beruofen in mangiu lant, daz den dâ niemen wande.

150Diu herzoginne las von der magt an dem seile.
die fürsten ûz ir rîche eins hêrren an si gerten mit urteile.
sie sprach in einen hof ze Beuframunde.
dar kômen rîche und arme [ungezalt]: man erteilte ir wale an der stunde.

151Duc Ehkunahten de Salvâsch flôrîen,
den truoc si in ir herzen dâ vor, ouch kôs si in benamen ze âmîen.
des stuont sîn herze hôher danne ir krône:
Ehkunaht gerte [aller] fürsten zil: wan er phlac sîner verte vil schône.

152Si twanc sîn jugent unde ouch daz reht von ir rîche:
sît daz ir wart erteilt diu wal, nu welt ouch diu maget werdeclîche.
welt ir tiutsche ir friundes namen erkennen?
der herzoge Ehcunaver von Bluome diu wilde, alsus hôrt ich in nennen.

153Sît er von der wilde hiez, gegen der wilde
si sante in disen wiltlîchen brief, den bracken, der walt und gevilde
phlac der verte als er von arte solte.
ouch jach des seiles schrift daz sie selb wîplîcher verte hüeten wolte.

154Schîonatulander mit einem vederangel
vienc äschen unde vörhen, die wîl si las, und der fröude den mangel,
daz er sît wart vil selten der geile.
die herzogîn lôst ûf den stric, durch die schrift ûz ze lesenne an dem seile.

155Der was an die zeltstange vaste gebunden.
mich müet ir ûf lœsen daz si tet: hei wan wær sis erwunden!
Gardevîaz stracte sich mit strebenne,
ê diu herzoginne spræche nâch sîner spîse: ir wille im was ze ezzen ze gebenne.

156Zwuo juncfrouwen sprungen her ûz für die snüere.
ich klage der herzoginne blanc hende: op daz seil die zerfüere,
waz mag ich des? ez was von steinen herte.
Gardevîaz zucte und spranc durch gâhen nâch huntwildes verte.

157Er was ouch Ehcunahte des tages alsô entrunnen.
si rief die juncfrouwen ane: die heten des bracken spîse gewunnen,
si gâhten wider in daz gezelt vil balde.
nu was er ûz gesloffen durh die winden; man hôrt in dô schiere im wald